Was soll aus Europa werden?

Der Brexit

Im Januar 2019 hatte das britische Unterhaus den von Premierministerin May und der EU ausgehandelten Entwurf für ein Austrittsabkommen abgelehnt – nachdem die 27 verbleibenden EU-Staaten im November diesem Entwurf zugestimmt hatten. Somit kam die Möglichkeit eines „harten Brexits“ ins Spiel. Doch einige Tage vor der Frühjahrstagung in Tutzing, am 13. März 2019, stimmte das britische Unterhaus gegen einen Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU ohne geregeltes Abkommen. Am 14. März wurde auch ein zweites Brexit-Referendum abgelehnt. Während der Tagung in Tutzing wurde vielerorts Unverständnis für die britische Vorgehensweise und das Stimmverhalten des Unterhauses geäußert.

Elmar Brok forderte in Tutzing von den Briten eine Einigung auf eine konstruktive Mehrheit in der Brexit-Frage. Dafür müsse aber „London mit London reden und nicht mit Brüssel“. Dass die Briten noch an der kommenden Europawahl teilnehmen, möchte Brok nicht.

Gesine Schwan bezeichnete das Brexit-Referendum der Briten als „unglaublich verantwortungslose Politik“. Man habe die Europa-Mitgliedschaft „leichtfertig aufs Spiel“ gesetzt.

Der Politiker Michael Link äußerte sich auf dem politischen Podium am Sonntag, 17. März, gegen eine Verlängerung des Brexit-Datums. „Ohne guten Grund“ dürfe es keine Verlängerung geben.

Die Journalisten Malte Pieper (ARD) und Peter Kapern (Deutschlandradio) äußern sich auf dem Journalistenpodium am 16. März genervt bis ironisch zur Brexit-Debatte. Niemand könne einschätzen, ob und wie der Brexit ablaufe. Malte Pieper „wettet, dass der Brexit nie kommt“. Peter Kapern kann sich vorstellen, dass nun eine oder zwei Generationen von Briten von der EU-Mitgliedschaft aussetzen müsse, bevor das Vereinigte Königreich wieder beitrete.

Emmanuel Macrons „Europa“-Manifest

Ein ebenfalls vielfach angesprochenes Thema war das Anfang März erschienene Europa-Manifest von Emmanuel Macron. Am 5. März hatte der französische Staatspräsident einen Essay an die „Bürgerinnen und Bürger Europas“ in großen Tageszeitungen aller 28 EU-Mitgliedsstaaten veröffentlicht. Der Text mit dem Titel „Für einen Neubeginn in Europa“ war ein Plädoyer für ein geeintes Europa. Darin forderte er unter anderem eine „Europakonferenz“, die noch im Jahr 2019 stattfinden sollte und die sich mit Reformen für die Europäische Union auseinandersetzen sollte. Noch nie sei Europa in so großer Gefahr gewesen, schrieb Macron und forderte konkrete Reformen. (Mehr dazu unter diesem Link: https://www.elysee.fr/emmanuel-macron/2019/03/04/fur-einen-neubeginn-in-europa.de) Bereits 2017 hatte er in einer Rede vor Studenten an der Pariser Sorbonne neue Ziele für die EU formuliert und seine „Initiative für Europa“ vorgestellt.

Beide Male, sowohl im März 2019 als auch im September 2017, pflichtete die Bundesregierung wohlwollend bei, wurde aber dabei nie konkret. Besonders vermisst und angemahnt wurde, dass sich Bundeskanzlerin Angela Merkel nie konkret zu Macrons Plänen geäußert habe. Diese Meinung klang auch während der Tagung in Tutzing an. Dr. Wolfgang Thierse, Bundestagspräsident a.D. und Leiter des Politischen Clubs der Evangelischen Akademie Tutzing, stellte aufgrund der fehlenden Reaktion der Kanzlerin die Frage, wie es um den viel zitierten „Motor Europas“ (Deutschland/ Frankreich) wohl in Wirklichkeit stehe.

Eine Antwort auf Macron könne nur von Merkel kommen, sagte Michael Roth, Staatsminister für Europa im Auswärtigen Amt, in Tutzing. Er weist gleichzeitig daraufhin, wie unterschiedlich die Auffassungen beider Politiker seien. Macron tanze „argentinischen Tango“ während Merkel für ihren „Foxtrott“ bekannt sei.

Gleichwohl halten nicht alle und jeder die Ideen Macrons für umsetzbar. Gesine Schwan lobt Macron jedoch dafür, dass er sich „grundsätzliche Gedanken zur Zukunft der EU“ mache, diese mache sich die deutsche Bundespolitik nicht.

In der untenstehenden Bildergalerie haben wir verschiedene Momente der Tagung eingefangen.

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