Vom Reden und vom Meinen

Sprache funktioniert auf vielen Ebenen und geht weit über den Austausch von Sachinformationen hinaus. Das Spiel mit ihr ist das Handwerkszeug des Kabarettisten: In Andeutungen, Ironie, Satire und Wortwitz bringt er die Menschen dazu, lachend ihren Blick zu schärfen. Wie das geht, erzählt Christian Springer im aktuellen RotundeTalk.

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Sprache beherrscht er virtuos und weiß mit ihr souverän umzugehen. Das macht seine Qualität als Kabarettist aus. „Sprache ist mein Beruf“, sagt Christian Springer selbstbewusst bei seinem dritten Besuch im „RotundeTalk“ der Evangelischen Akademie Tutzing. In den ersten beiden Begegnungen stand der Kabarettist mit seiner Arbeit auf und neben der Bühne im Mittelpunkt (hier ansehen) sowie mit seinen Gedanken rund um Erinnerungskultur 75 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs (hier ansehen). In der aktuellen Folge geht es um Sprache: Wie wir reden – was wir meinen. Ein Beispiel aus dem Alltag: „Dir werd ich helfen.“ Was nach Hilfsbereitschaft klingt – mit einem Augenzwinkern formuliert –, meint in einer bestimmten Situation genau das Gegenteil. „Wenn Du noch einmal absichtlich Deine Suppe verschüttest…“ – dann hat das Folgen. Das vermeintliche Hilfsangebot soll diese in letzter Sekunde gerade noch abwenden.

Wer spricht, übernimmt für das, was er sagt, Verantwortung. Auch für die Folgen. Und die sind, wenn es um Hetze und Hassrede geht, beträchtlich. Wer so redet, verfolgt einen Zweck. Stichwort: Sprache des Nationalsozialismus. Sie prägt uns bis heute. „Diktatur zerstört Sprache, missbraucht sie zu Propagandazwecken“, analysiert Springer. Nicht die Information stehe im Vordergrund, sondern die Indoktrination. Ausgrenzung – wie etwa von Juden in der NS-Diktatur – funktionierte nicht ausschließlich über Sprache. Der gelbe Stern und eine aggressive Einstellung gegen Juden sorgten dafür, dass Sprache auch zu einer ablehnenden Haltung wurde.

Christian Springer kennt sich aus. Er studierte Semitistik, befasste sich mit der vergleichenden Sprachwissenschaft semitischer Sprachen, mit der Philologie des christlichen Orients und mit Bayerischer Literaturgeschichte. Dass die Leugnung des Holocaust eine Straftat ist, hält er für folgerichtig. „Den Holocaust zu leugnen, ist nicht erlaubt, denn es hat ihn gegeben.“ Alles andere sind Fake News. „Wir müssen da genauer hinschauen, werden das Problem aber nicht in den Griff bekommen“, lautet seine düstere Prognose.

Hassrede gab es freilich schon bei den Griechen und Römern, erinnert der Kabarettist. Ihr sei eine reinigende Wirkung zugeschrieben worden. Dieses Ritual werde auch heute noch gepflegt, etwa beim Politischen Aschermittwoch. An diesem Tag sei das Draufschlagen erlaubt. Am Tag danach nicht mehr.

Udo Hahn, Direktor der Evangelischen Akademie Tutzing

Das vollständige Interview mit Christian Springer ist auf dem YouTube-Kanal der Evangelischen Akademie Tutzing (#EATutzing) abrufbar.

Bild: Christian Springer und Udo Hahn bei ihrem dritten Gespräch für das Video-Gesprächsformat “RotundeTalk” (Foto: ma/eat archiv)

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