Toleranzpreisträgerin Senta Berger wird 80

“Dem Leichten Seriosität geben und im Schweren das Heitere durchschimmern lassen” – das ist es, was der Charakterdarstellerin Senta Berger seit Jahrzehnten scheinbar mühelos gelingt. Am 13. Mai feiert die gebürtige Wienerin ihren 80. Geburtstag. Akademiedirektor Udo Hahn gratuliert ihr in diesem Beitrag.

“Klug, empathisch, engagiert” – treffender kann man Senta Berger nicht charakterisieren, wie Bettina Thienhaus es in einer Würdigung der Schauspielerin zum 80. Geburtstag am 13. Mai im epd formulierte. 1950 hatte die gebürtige Wienerin im Film “Das doppelte Lottchen” ihre erste kleine Rolle. Ihr Weg führte sie bis nach Hollywood, wo sie mit Kirk Douglas und Frank Sinatra drehte. Zu Hause ist sie sowohl auf der Bühne als auch in deutschen und internationalen Kino- und Fernsehfilmen sowie in Serien. Senta Berger ist eine herausragende Charakterdarstellerin, der es gelingt, dem Leichten die Seriosität zu geben und im Schweren das Heitere durchschimmern zu lassen.

Mehr als einhundert Filmen und TV-Serien verlieh sie eine besondere Note. In leichten (und doch hintergründigen) Unterhaltungsformaten wie etwa “Kir Royal” oder “Die schnelle Gerdi” wirkt sie so glaubwürdig wie in den Dramen – etwa als ihrem Gewissen folgende Sekretärin in “Frau Böhm sagt Nein” oder als Opfer im Heimerziehungsdrama “Und alle haben geschwiegen”.

Eine ihrer besten Rollen – vielleicht die wichtigste – war die der Polizeirätin Dr. Eva Maria Prohacek in der ZDF-Serie “Unter Verdacht”. Zwischen 2002 und 2019 entstanden dreißig Folgen – produziert von der EIKON, der Filmentwicklungs- und Produktionsgesellschaft der evangelischen Kirche. Jede Folge ist ein einziger Schrei nach Gerechtigkeit. In den Fällen, die die Polizeirätin bearbeitet, wird ein ums andere Mal gezeigt, was in einer Gesellschaft schiefläuft, wenn Anstand, Moral, Ethik keine Rolle (mehr) spielen. Gott sei Dank werden am Ende die Bösen und Gierigen überführt – auch, weil sie die Hartnäckigkeit und den ungebrochenen Gerechtigkeitssinn der Polizeirätin unterschätzen. “Unter Verdacht” ist Unterhaltung und Unterricht zugleich.

Senta Berger hat nicht nur im Film eine Meinung zu den Vorgängen in Politik und Gesellschaft, sondern auch im Alltag. So protestierte sie gegen den Vietnam- und Golfkrieg, sie hat sich für Abrüstung und gegen die Verschärfung des Asylrechts eingesetzt. Wiederholt musste sie sich gegen sexuelle Übergriffe am Set wehren. Berger berichtete davon in einem Interview mit der Wochenzeitung “Die Zeit”, O.W. Fischer habe sie beim Dreh von “Es muss nicht immer Kaviar sein” geschlagen und versucht zu vergewaltigen. Später in den USA seien Produzent Darryl Zanuck wie auch Kirk Douglas übergriffig geworden. Nachzulesen war das schon 2006 in ihrer Biografie, doch erst heute findet ihre Botschaft Gehör.

Die Evangelische Akademie Tutzing hat Senta Berger 2020 den Toleranz-Preis zuerkannt und sie “als Charakterdarstellerin für ihr Lebenswerk als glaubwürdige Persönlichkeit – im Film wie in der Wirklichkeit” geehrt. “Ihre Offenheit für die Welt und andere Kulturen sind der Schlüssel, um dem Fremden mit Toleranz und Verständnis, Charme und Humor zu begegnen”, heißt es in der Begründung für diese Auszeichnung. Insbesondere mit ihrer Rolle in “Unter Verdacht” hat sie “Maßstäbe für das deutsche Fernsehen gesetzt”. “Neugierig, klug, mutig und unbestechlich spielte sie die Protagonistin, die auch in Situationen völliger Hoffnungslosigkeit Haltung zeigt und die Kraft zum Weitermachen findet.” Coronabedingt konnte die Preisverleihung noch nicht stattfinden. Wenn es soweit ist, wird die Schauspielerin Iris Berben die Laudatio halten.

Udo Hahn

Der Autor leitet die Evangelische Akademie Tutzing.

Bild: Senta Berger – Insbesondere mit ihrer Rolle in “Unter Verdacht” hat sie “Maßstäbe für das deutsche Fernsehen gesetzt”. (Copyright: ZDF/Barbara Bauriedl)

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