Ein “rastloser Botschafter und Vermittler” wird 75

Zwei Jahrzehnte prägte Dr. Friedemann Greiner die Evangelische Akademie Tutzing als Direktor. Am 25. Mai wird er 75 Jahre alt. Sein Nachfolger, Udo Hahn, würdigt den profilierten Theologen und Netzwerker, dessen Haltung für ihn Vorbild ist. 

Zwanzig Jahre Direktor der Evangelischen Akademie Tutzing – von 1991 bis 2011 –, eine so lange Zeitspanne hatte vor Friedemann Greiner nur Kirchenrat Andreas Hildmann (1948-1968) geschafft. Der gebürtige Nürnberger war zum Nachfolger von Dr. Claus-Jürgen Roepke berufen worden, der nach elf Jahren in Tutzing die Leitung der Ökumene-Abteilung im Landeskirchenamt übernahm. Greiner arbeitete zunächst als Assistent bei einem der bekanntesten evangelischen Gelehrten des 20. Jahrhunderts – bei dem Münchner Professor für Systematische Theologie, Wolfhart Pannenberg. Bei ihm wurde er mit einer Arbeit über den katholischen Theologen Karl Rahner promoviert. Danach war er Dozent an der Sanitätsakademie der Bundeswehr in München und Gemeindepfarrer in Kaufbeuren.

Das Amt des Akademiedirektors hat Friedemann Greiner stets mit größter Leidenschaft ausgeübt und in zwei Jahrzehnten viele Akzente gesetzt, die bis heute nachwirken und gepflegt werden. So schuf er etwa den “Toleranz-Preis” und die Auszeichnung “Tutzinger Löwe”. Greiner entwickelte auf allen Bühnen eine Parkettsicherheit und verknüpfte durch die Akademie die Kirche mit Bereichen der Gesellschaft, zu denen diese sonst keinen Zugang gehabt und auch nicht gefunden hätte.

Mit seiner Neugier auf Begegnungen öffnete Greiner auch Türen, durch die Zeitgenossen Kontakt zur Kirche bekamen, den sie aus eigener Initiative nie gesucht hätten. Warum auch? “Der Protestantismus leidet an einem von ihm selbst gewollten Verlust an Öffentlichkeit.” So hatte es Claus-Jürgen Roepke in seinem letzten Interview als Akademiedirektor auf den Punkt gebracht. Und hinzugefügt: “Die Selbstzufriedenheit der Kirche in ihren kirchlichen Gruppen kann einen schon manchmal erschrecken. Dieser Rückzug des evangelischen Glaubens aus Gesellschaft und Kultur stellt aber nicht nur einen Verlust dar für unser ganzes Leben, sondern führt auch zu einer Ausdünnung des Glaubens.”

Greiner ist mit der Arbeit der Evangelischen Akademie Tutzing ein ums andere Mal dieser Diagnose begegnet, sah in ihren Tagungen und sonstigen Veranstaltungen eine “seismographische Funktion”, eine Plattform für den zwingend interdisziplinär auszurichtenden Diskurs, der die Fragen der Gesellschaft zu Themen der Kirche macht, und auch der Kirche die Teilhabe an diesem Diskurs beschert. In diesen Räumen war Greiner ein rastloser Botschafter und Vermittler.

Geduld war dabei wohl nicht seine Stärke, was man aus seiner Abschiedsrede heraushören konnte: “Dieses Höchstmaß gestalterischer Freiheit ist nur dann umzusetzen, wenn das kirchliche ‘Headquarter’ mitspielt.” Das war sein Anspruch – und er durfte ihn umsetzen: “Sie haben mir alle Freiheiten gegeben, dem Akademiegedanken gerecht zu werden”, dankte er den Leitungspersönlichkeiten der Kirche. Im Lichte seines Ideenreichtums insgesamt gehörte er zweifellos zu den Vordenkern und Vorausdenkern im Bildungsbetrieb seiner Zeit. Nicht nur in der Kirche. Aus genau dieser Haltung und aus diesem Anspruch heraus entwickelt die Akademie im Lichte aktueller Herausforderungen heute ihre Aktivitäten.

Geehrt wurden die Verdienste des Jubilars, der am 25. Mai 75 Jahre alt wird, mit der Bayerischen Verfassungsmedaille in Silber, dem Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland und dem Bayerischen Verdienstorden.

Die Akademie und alle Mitarbeitenden gratulieren zum Ehrentag und wünschen alles erdenklich Gute und Gottes Segen!

Udo Hahn
Der Autor leitet seit 2011 die Evangelische Akademie Tutzing.

Bild: Dr. Friedemann Greiner, ehem. Akademiedirektor, und Udo Hahn, Akademiedirektor der Evangelischen Akademie Tutzing seit 2011 während einer Tagung 2016 zum Thema “Die Rolle der Zivilgesellschaft in Deutschland und Suedafrika heute” (Foto: © Haist/ eat archiv)

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