Die Digitalisierung als Helfer

Die Bayerische Digitalministerin Judith Gerlach stellt hinsichtlich des Digitalen Wandels eine Art Paradigmenwechsel in der Bevölkerung fest. Wo vorher viele Ängste gegenüber neuen Technologien geherrscht hätten, werde die Digitalisierung nun vermehrt als Helfer gesehen. Zeitgleich seien aber auch die Defizite stärker sichtbar geworden.

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In der Corona-Pandemie sind die Deutschen gegenüber der Digitalisierung offener geworden. Diese Einschätzung vertritt die Bayerische Staatsministerin für Digitales, Judith Gerlach. Im „RotundeTalk“ der Evangelischen Akademie Tutzing sagte sie, die Menschen seien zuvor technologieängstlich gewesen. „Viele sehen jetzt die Digitalisierung als Helfer“, so Gerlach. Sie biete gerade für junge Familien mit Kindern einen Mehrwert. Die digitale Teilhabe sei ihr ein wichtiges Anliegen. Deshalb müsse auf alle Generationen geachtet werden.

Die Pandemie habe aber auch die Defizite sichtbar gemacht. Dies gelte zum Beispiel für die Schule. Mit Mebis, dem Internetportal das Bayerischen Kultusministeriums, gebe es eine „tolle Plattform“. Mit ihr sei bisher jedoch zu wenig gearbeitet worden. Es gehe nicht darum, den analogen Unterricht zu ersetzen, sondern „digitale Tools als Bereicherung zusätzlich zu nutzen“.

Wo Deutschland bei der Digitalisierung im internationalen Vergleich steht, hängt nach den Worten der Ministerin vom jeweiligen Bereich ab. Was die digitale Verwaltung betrifft, so sei Estland Vorbild. „Beim E-Government sind wir noch nicht gut“, räumt Judith Gerlach ein. Bei Künstlicher Intelligenz (KI) und Cyber-Sicherheit sehe es deutlich besser aus. „Der Vergleich darf sich aber nicht allein auf Europa beziehen, sondern muss weltweit sein.“ Dazu brauche es Leuchtturmprojekte. Gerlach würdigte die Corona-Warn-App der Bundesregierung. „Wir haben in Europa die einzige App, die funktioniert.“

Sorge bereitet ihr, dass sich der Fachkräftemangel im IT-Bereich noch verschärfen könnte. Mit einem eigenen Förderprojekt – BayFid (Bayerns Frauen in Digitalberufen) – will Staatsministerin Gerlach Frauen verstärkt für Digitalberufe interessieren. „Das hätte ich mir früher für mich selbst gewünscht“, gibt sie unumwunden zu. Es sei faszinierend, wie breit das Spektrum an interessanten Aufgaben sei, mit gut bezahlten Jobs und flexiblen Arbeitszeiten.

Im „RotundeTalk“ brach die Digitalministerin auch eine Lanze für den Datenschutz. Dieser sei kein Hemmschuh. „Daten müssen sicher sein. Nur so schaffen wir Vertrauen.“ Auch die Bekämpfung der Hassrede im Internet und in den Sozialen Netzwerken ist Gerlach ein Anliegen. „Wir sind der Entwicklung nicht ausgeliefert“, betont sie. Prävention sei wichtig, Repression nötig. „Ich werbe dafür, dass Hate Speech angezeigt wird“, gibt sich die Staatsministerin kämpferisch und verweist darauf, dass es bei der Generalstaatsanwaltschaft München zentral für ganz Bayern einen Hate-Speech-Beauftragten der bayerischen Justiz gebe. Dabei wolle sie auch Facebook & Co in die Verantwortung nehmen.

Der „RotundeTalk“ ist ein neues Gesprächsformat der Evangelischen Akademie Tutzing. Menschen aus Politik, Kultur und Gesellschaft sprechen im Interview über ihre Erfahrungen im Umgang mit der Corona-Pandemie, über die Herausforderungen dieser Krise und wie es danach weitergehen könnte. Gäste sind u.a. Sozialministerin Carolina Trautner, Kultusminister Michael Piazolo, der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Prof. Dr. Hans-Jürgen Papier, der Musiker Peter Maffay, der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds Bayern, Matthias Jena, die Kabarettisten Gerhard Polt und Christian Springer, die Künstlerin Ilana Lewitan sowie der Astrophysiker Harald Lesch.

Alle Interviews sind auf dem YouTube-Kanal #EATutzing der Akademie abrufbar und werden sukzessive veröffentlicht. Hier gelangen Sie zu unserem Kanal (Link zu YouTube).

Bild: Judith Gerlach und Akademiedirektor Udo Hahn nach dem Interview für das Videogesprächsformat “RotundeTalk” (Foto: ma/eat archiv)

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