Wolfgang Thierse sieht errungene Demokratie gefährdet

Der frühere Bundestagspräsident sieht dreißig Jahre nach dem Fall der Mauer die errungene Demokratie als nicht mehr selbstverständlich an. „Es ist die Stunde der Populisten, der großen und kleinen Vereinfacher und Schuldzuweiser“, schreibt Thierse in einem Beitrag für die Evangelische Akademie Tutzing.

In seinem Blogbeitrag für die Evangelische Akademie Tutzing erinnert Thierse an die Ereignisse vor dreißig Jahren in der DDR. Viele Aspekte hätten die friedliche Revolution zu einer ganz besonderen gemacht: ihre vollkommene Unvorhersehbarkeit, dass sie unblutig verlief und europaweit von Sympathie begleitet wurde und schließlich zur Einheit des geteilten Landes führte. Es sei der „Mut der Verzweiflung“ gewesen, der die Menschen auf die Straße getrieben habe. Ob die Revolution ohne das Engagement der Kirchen auch so friedlich verlaufen wäre, bezweifelt Wolfgang Thierse. „Die Kirche hatte offensichtlich eine so große politisch-moralische Autorität erworben, dass sie zu einem glaubwürdigen Akteur der Umwälzung werden konnte“, schreibt er.

Die 1989 errungene Freiheit sei heute selbstverständlich – und gleichzeitig auch wieder nicht. Viele dramatische Veränderungen hielten Einzug in den Lebenswelten der Menschen: durch Globalisierung, technischen Fortschritt oder etwa Flüchtlingsbewegungen. All das erzeuge bei vielen Menschen Unsicherheiten und Ängste. Thierse schreibt weiter: „Das ist die Stunde der Populisten, der großen und kleinen Vereinfacher und Schuldzuweiser. Die errungene Demokratie, so selbstverständlich sie uns geworden ist und so sicher sie erschien, ist gefährdet.“ Die Erinnerungen an den politischen Wandel 1989 sollten Anlass sein, zu fragen, „was wir heute zu tun haben für die Verteidigung von Freiheit und Demokratie“.

Den kompletten Beitrag lesen Sie in unserem Rotunde-Blog.

Der Beitrag erscheint auch als aktuelle Kolumne im monatlichen Newsletter der Evangelischen Akademie Tutzing. Die November-Ausgabe erscheint am 31. Oktober 2019. Zur aktuellen Ausgabe gelangen Sie hier.

Wolfgang Thierse ist heute Leiter des Politischen Clubs der Evangelischen Akademie Tutzing. Die Wende in der DDR vor 30 Jahren bildete den Startpunkt seiner politischen Laufbahn. Im Oktober 1989 trat er dem Neuen Forum bei, im Januar 1990 wurde er Mitglied der Sozialdemokratischen Partei der DDR. Von März bis Oktober 1990 war er Mitglied der ersten frei gewählten Volkskammer der DDR.

Hinweis:
In der Herbsttagung des Politischen Clubs mit dem Titel „30 Jahre friedliche Revolution … in Erinnerung, in Kritik und Debatte heute“ vom 15. bis 17.November 2019 blickt Wolfgang Thierse zurück und zieht Bilanz. Dazu hat Thierse hochkarätige Referierende, Wissenschaftler und Zeitzeugen eingeladen. Der Liedermacher Gerhard Schöne wird zusätzlich ein Konzert spielen mit dem Titel „Ich öffne die Tür weit am Abend“. Weitere Informationen finden Sie hier.

Bild: Wolfgang Thierse an der Evangelischen Akademie Tutzing. (Foto: Haist/eat archiv)

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