Geldwäsche und Steuerhinterziehung unter der Lupe

Mit welchen Mitteln werden Vermögens- und Eigentumsverhältnisse verschleiert, um Sanktionen zu umgehen? Welche Maßnahmen müssten ergriffen werden, um Steuerhinterziehung und Geldwäsche konsequent zu bekämpfen? Das waren einige der Fragen der ZDF-“Anstalt” vom 23. Mai. In unserer Online-Debatte am 03. Juli griffen wir die Themen der Sendung auf und sprachen darüber mit dem ehemaligen Referatsleiter für Geldwäsche und Zahlungsverkehr im Bundesministerium der Finanzen, Michael Findeisen, und Sendungsautor Dietrich Krauß.

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Es sind Themen, mit denen die staatlichen Strafverfolgungsbehörden seit jeher zu kämpfen haben: Geldwäsche, Schwarzgeld und Steuerhinterziehung. “Sehr schwierige Themen”, nennt sie Dr. Dietrich Krauß, der zum Autorenteam der ZDF-Satiresendung “Die Anstalt” gehört. Zum einen aufgrund der komplexen Verflechtungen der Verhältnisse, zum anderen “weil sie für die Leute auch so weit weg sind, diese großen Geldgeschäfte.” An diesem Punkt setzte er mit seinem Team für die “Anstalt”-Folge “Der schnöde Mammon” beim Bildungsprogramm-Charakter der Sendung an (hier ansehen).

Zu Gast in unserem Format “Die Anstalt – politische Satire im Schloss” sprach Dietrich Krauß im Interview mit Akademiedirektor Udo Hahn und online zugeschalteten Gästen über das Thema (mehr zur Veranstaltung). Auch ein Experte war eingeladen: Michael Findeisen, ehemaliger Referatsleiter im Bereich Geldwäsche und Zahlungsverkehr im Bundesministerium der Finanzen sowie früherer Referatsleiter für Grundsatzfragen der Geldwäschebekämpfung bei der Bankenaufsicht. Als Fellow unterstützt er seit 2020 auf den Gebieten Finanzkriminalität bzw. organisierte Kriminalität und Finanzmarktregulierung den Verein Bürgerbewegung Finanzwende e.V., mit dem ein Gegenpol zum Einfluss der Lobbygruppen der Finanzmarktwirtschaft geschaffen werden soll.

Satirestreit: Christine Prayon und die “heute show”

Bevor es um die Themen der Sendung ging, lenkte Akademiedirektor Udo Hahn das Gespräch auf ein anderes Thema: das Ausscheiden der Kabarettistin Christine Prayon bei der ZDF-Satiresendung “heute-show”. Prayon hatte die Sendung verlassen, da ihrer Meinung nach in der Sendung Stimmung gegen Andersdenkende gemacht werde und der Lächerlichkeit preisgegeben würden. Darauf angesprochen, entgegnete Krauß, dass eben dies der Kern von Satire sei: “Satire ist ja immer ein stückweit Übertreibung, Zuspitzung und damit notgedrungen auch Verletzung.” Er halte die ganze Situation für “absurd aufgebauscht”. Dass sich insbesondere rechtspopulistische Kreise Prayons Kritik bedienen, lastete er ihr an, da sie die “Talking-Points der Rechten letztlich aufgegriffen” habe. Zur Kabarettistin Monika Gruber, deren Auftritt bei einer Demonstration gegen das Heizungsgesetz von Udo Hahn ebenfalls angesprochen wurde, fand Dietrich Krauß ebenfalls kritische Worte: Ihre Bemerkungen seien platt und von mangelndem faktischen Gehalt. Sie bewege sich dabei in “Trump’schen Fahrwasser”, in dem Sachfragen hinter einem ominösen Kulturkampf verschwinden.

Nach diesem Einstieg in die Online-Debatte, lenkte Moderator Hahn das Gespräch auf die Aspekte der “Anstalt”-Folge vom 23. Mai. Welche Sanktionierungen lassen sich im Zuge des Angriffskriegs Russlands in der Ukraine gegen russische Oligarchen treffen? Wie überhaupt können sie auferlegt werden? Ein Problem hierbei: Die mangelnde Transparenz. So könne man beispielweise eine im Hamburger Hafen liegende Yacht nicht sanktionieren, weil der tatsächliche Eigentümer nicht zu ermitteln ist. Autor Krauß verglich die Situation mit einem Hütchenspiel, beim dem es ebenso “Schachtelkonstruktionen gibt, die es letztlich fast unmöglich machen, bis zum letzten Besitzer vorzudringen”. Zugleich tue sich der Staat schwer, die jetzigen Instrumente konsequent einzusetzen.

Ein Ziel: mehr Gerechtigkeit im Wirtschafts- und Finanzsystem

Das Problem der Verschleierung tatsächlicher Eigentümer wurde auch von Michael Findeisen aufgegriffen und am Beispiel der Geldwäsche veranschaulicht. So lägen viele Konten, die für Geldwäsche genutzt werden, nicht in sogenannten Offshore-Staaten, sondern in Ländern wie den USA oder der Schweiz. Dort sind sie keinerlei Kontrolle unterworfen. Die Firmen seien lediglich in den Offshore-Staaten registriert, erklärte Findeisen.

Das Ziel im Kampf gegen Geldwäsche, so forderte Findeisen, muss es sein, mehr Gerechtigkeit im Wirtschafts- und Finanzsystem zu schaffen. Hinderlich ist dabei nicht nur die mangelnde Solidarität zwischen Staaten, auch die fehlende Transparenz mache den Steuerbehörden zu schaffen. Transparenz im Wirtschaftssystem jedoch sei unabdingbar für Fairness in diesem System und im Kampf gegen Geldwäsche.

Auf die Nachfrage von Akademiedirektor Hahn, welche Instrumente und rechtlichen Hürden beim Einfrieren von Vermögenswerten existieren, antwortete Findeisen, dass es trotz bestimmter Instrumente vor allem beim national geregelten Sanktionsrecht häufig Spielräume gibt, die ausgenutzt werden, um die Auferlegung von Sanktionen zu umgehen. So befinden sich beispielweise aus wirtschaftlichen Beweggründen einflussreiche russische Oligarchen nicht auf Sanktionslisten der Europäischen Union. Dies sei bei der Geldwäsche anders, da dort international und europäisch geregelte Definitionen und Gesetze gelten.

Ein weiteres Hindernis: Behördenwirrwarr

Akademiedirektor Hahn thematisierte auch, dass nur äußerst wenige Verdachtsfälle auf Geldwäsche zur Anzeige gebracht werden. Für Krauß ist klar, dass hier vor allem der Behördenwirrwarr schuld ist. Viele Institutionen hätten nur ein “enges Gärtlein, in dem sie agieren können”, würden sich gegenseitig blockieren, statt sich zu unterstützen. Auch die neue Behörde zur Bekämpfung von Finanzmarktkriminalität auf Bundesebene werde keine keine Abhilfe schaffen, ist Findeisen überzeugt. Die Reduktion von Behördenkompetenzüberschneidungen werde mit dem vorgelegten Gesetzentwurf nicht funktionieren, da laut dem Grundgesetz die Länder für die Strafverfolgung in diesen Bereichen zuständig sind. Statt eine kraftvollen Behörde zu schaffen, die konsequent gegen Geldwäsche vorgehen kann, werde es durch den Gesetzentwurf wieder zu einem Kompetenzgerangel zwischen Bund und Ländern kommen. Mit einer schlechten Erfolgsbilanz im Kampf gegen Geldwäsche steht Deutschland jedoch nicht alleine da: Es gibt für Findeisen derzeit kein Land auf der Welt, das bei dieser Thematik als Vorbild fungieren könnte. Erschwert wird der Kampf gegen Geldwäsche in Deutschland darüber hinaus auch durch fragliche Policy-Maßnahmen politischer und wirtschaftlicher Akteure. Hier verwies Findeisen auf die nicht existente Bargeldnachverfolgung durch die Bundesbank oder die Neuregelung des Glücksspielstaatsvertrages, den er als einen “Trauerfall” bezeichnete.

Ein durchweg negatives Zeugnis wollten Krauß und Findeisen dem Kampf gegen Geldwäsche dennoch nicht ausstellen: In den vergangenen Jahren seien durchaus Fortschritte im Kampf gegen Geldwäsche erzielt worden.

Michael Gugger

Hinweis:
Ein Videomitschnitt der Online-Veranstaltung ist auf unserem YouTube-Kanal abrufbar: Hier können Sie ihn sehen.

Bild: Die Anstalt – Politische Satire im Schloss. Online-Debatte vom 03. Juli 2023 mit Udo Hahn, Dietrich Krauß und Michael Findeisen. (Screenshot: eat archiv)

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