“Wie können wir unseren Zusammenhalt stärken?”

Am 15. September ist Nadja Bürgle zum Studienleitungsteam der Evangelischen Akademie Tutzing hinzugestoßen. Die promovierte Psychologin verantwortet fortan das Referat für Soziales und Bildung und verstärkt außerdem das Referat Wirtschaft und Arbeitswelt, nachhaltige Entwicklung. In diesem Interview stellen wir sie vor.

Herzlich Willkommen im Team der Evangelischen Akademie Akademie Tutzing, liebe Frau Bürgle! Sie sind ausgebildete Psychologin mit dem Schwerpunkt auf Wirtschafts-, Organisations- und Sozialpsychologie und haben zuvor als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Center for Leadership and People Management der Ludwig-Maximilians-Universität München gearbeitet. Darüber hinaus waren Sie freiberuflich als systemische Beraterin und Dozentin tätig. Wie beschreiben Sie Ihren thematischen Ansatz für Ihre neue Tätigkeit in Tutzing?

Herzlichen Dank! Als Psychologin interessiere ich mich insbesondere für das Erleben und Verhalten von Menschen. Wie denken wir? Was treibt uns an? Welche Gefühle leiten uns? Wie handeln wir? Diese Fragen werde ich im Kontext von Sozialem, Bildung und Arbeit behandeln. Soziales bedeutet für mich ganz allgemein: Wie wollen wir in unserer Gesellschaft zusammenleben? Unter Bildung verstehe ich eine ganzheitliche Menschenbildung sowie einen Prozess lebenslangen Lernens, in dem wir uns selbst und die Welt verstehen und gestalten lernen. In der Arbeitswelt sehe ich uns Menschen als Wertschöpfende im Mittelpunkt.

Wo möchten Sie in Ihrer Arbeit an der Akademie inhaltliche Schwerpunkte setzen?

Mich beschäftigt der schwindende Respekt in unserer Gesellschaft, Hassreden, gruppenbezogene Diskriminierung, Verrohung. Dem möchte ich mit einem bewussten Innehalten und Nachdenken entgegentreten: Welche Werte bilden die Grundlage für unser Zusammenleben? Wie können wir diese Werte in unserer Gesellschaft verankern? Wie können wir unseren Zusammenhalt stärken?

Impulse setzen möchte ich außerdem zum Bildungssystem der Zukunft: Wie bereitet Schule Kinder auf das Leben vor? Welche Zukunftskompetenzen brauchen wir? Wie unterstützen wir lebenslanges Lernen in unserer Gesellschaft?

Zu meinen persönlichen Herzensthemen zählt die Frage, wie jede und jeder von uns ein sinnerfülltes und glückliches Leben gestalten kann. Hierzu bietet die Positive Psychologie bereits wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse, die nur darauf warten, für jede und jeden nutzbar gemacht zu werden.

Ihre neue Tätigkeit in Tutzing umfasst zu 25 Prozent auch eine Elternzeitvertretung im Bereich Wirtschaft und Arbeitswelt, nachhaltige Entwicklung. Welche Themen brennen Ihnen hier auf den Nägeln?

In diesem Bereich werde ich unter anderem Themen der Wirtschafts- und Organisationspsychologie einbringen, wie Führung, New Work oder die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Zur Diskussion stellen möchte ich außerdem übergreifende Konzepte wie die Vier-Tage-Woche oder das bedingungslose Grundeinkommen.

Grundsätzlich und unabhängig vom jeweiligen Tagungsthema wünsche ich mir, meine Mitmenschen dazu zu motivieren, gemeinsam zu aktiven und verantwortlichen Gestalterinnen und Gestaltern unserer Zukunft zu werden.

Ihre Dissertation haben Sie zum Thema “Lebenssinn“” (“Lebenssinn in der Psychologie: Ein Mixed-Methods-Ansatz zur integrativen Definition und Messung von Begreifbarkeit, Orientierung und Bedeutsamkeit”) verfasst. Auf die Gefahr hin, dass wir vereinfachen: Anhand welcher Parameter lässt sich Lebenssinn erfassen?

Sinnerfüllung entsteht, wenn wir Begreifbarkeit, Orientierung und Bedeutsamkeit erleben. Das klingt zunächst etwas sperrig. Begreifbarkeit bedeutet, dass wir verstehen, was in unserem Leben passiert. Unser Leben wirkt auf uns stimmig und schlüssig. Unsere Erlebnisse fügen sich sinnvoll in unseren Lebensweg ein. Orientierung meint, dass wir eine klare Vorstellung davon haben, wie wir unser Leben gestalten möchten. Unser Handeln ist ausgerichtet auf unsere Ziele. Unser Leben führt in eine klare Richtung. Bedeutsamkeit beinhaltet unsere Überzeugung, dass es einen Unterschied macht, ob es uns gibt oder nicht. Wir schaffen einen Wert für andere. Möglicherweise hinterlassen wir sogar etwas auf dieser Welt, das unseren Tod überdauert. Das Thema Sinn lässt sich von der individuellen auf die gesellschaftliche Ebene heben, zum Beispiel anhand der Frage: Inwieweit ist Sinnerfüllung in unserem gesellschaftlichen Entwurf eines gelingenden Lebens enthalten?

Das hört sich spannend an! Wir freuen uns schon jetzt auf Ihre Tagungsprojekte  – zu diesen und vielen weiteren Themen!

Ich freue mich auch!

Das Gespräch führte Dorothea Grass

Weitere Informationen über Nadja Bürgle:
– Pressemitteilung vom 15. September 2023 hier abrufen
– Profil auf der Homepage der Akademie hier ansehen

Bild: Studienleiterin Nadja Bürgle (Foto: dgr/eat archiv)

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