Der Augsburger Freundeskreis feiert 70-jähriges Bestehen

In 21 bayerischen Städten tragen die örtlichen Freundeskreise die Bildungsarbeit der  Evangelischen Akademie Tutzing weiter. Der älteste Freundeskreis sitzt in Augsburg. Am Wochenende wird er 70 Jahre alt.

Wenn am Samstag der Augsburger Freundeskreis der Evangelischen Akademie Tutzing im Großen Saal des Hotels am alten Park in Augsburg seine Mitglieder zum Festabend anlässlich des 70-jährigen Bestehens empfängt, dann ist dem Pfarrerehepaar Wunderer vor allem eines wichtig: dass die Inhalte nicht aus dem Fokus geraten.

Im Rahmen der Veranstaltung am 22. September wird Pfarrer Peter Lukas einen Festvortrag zum Thema  „70 Jahre neues evangelisches Kirchenlied“ halten. Heide und Wolfgang Wunderer, seit 16 Jahren Leiter des Freundeskreises Augsburg, erzählen mit Begeisterung von dem „jungen Pfarrer“, der erst vor kurzem für sein musikalisches Engagement mit dem Kulturpreis der Stadt Bobingen ausgezeichnet wurde. Sie freuen sich darauf, den Chor zu hören, den Pfarrer Lukas mitbringen wird und zu erfahren, was er über die Entwicklung des Liedguts in den letzten Jahrzehnten in den Gottesdiensten zu berichten weiß. Denn mittlerweile haben sich etliche neue Lieder zu regelrechten „Gottesdienst-Hits“ entwickelt. Ein Beispiel dafür ist „Danke für diesen guten Morgen“. Es wurde 1961 für einen Liedwettbewerb an der Evangelischen Akademie Tutzing von Martin Gotthard Schneider komponiert, der damit den 1. Preis gewann. „Danke …“  schaffte es sogar in die Charts der deutschen Hitparade, weltweit wurde es in 25 Sprachen übersetzt.

Unbändiger Wissensdurst und Freude am Austausch

Es sind Querverbindungen wie diese, die das Ehepaar Wunderer begeistern. Verbindungen zur Akademie in Tutzing, zur Kirche, zur Geschichte, zur Kultur. Was beide auszeichnet ist ein unbändiger Wissensdurst, Freude an der Wissensvermittlung, der thematische Austausch. Seit 2001 sind Heide und Wolfgang Wunderer offiziell im Ruhestand. Seit 2002 stehen sie dem Augsburger Freundeskreis vor und organisieren jährlich etwa sieben Veranstaltungen zu den unterschiedlichsten Themen. Etwa vier davon sind Vorträge in Kooperation mit dem Evangelischen Forum Annahof, etwa drei Mal pro Jahr organisiert der Freundeskreis  Reisen, Ausflüge oder Besichtigungen.

Ungefähr 600 Veranstaltungen hat der Freundeskreis in den vergangenen 70 Jahren auf die Beine gestellt und damit ca. 15.000 Menschen erreicht. 1999 kam es zu einer Krise und die Arbeit des Freundeskreises zwischenzeitlich zum Erliegen. Ein Freund habe sie kurze Zeit später gebeten, sich des Freundeskreises anzunehmen, erzählen die Wunderers – und so wurde vor 16 Jahren die Institution wiederbelebt.

Beide geraten ins Schwärmen, wenn sie von den Vorträgen des Münchner Theologieprofessors Gunter Wenz erzählen, der mit Fragen wie „Wer glaubt noch an die Auferstehung der Toten?“ mehrmals für voll besetzte Säle sorgte. Doch nicht nur theologische Themen seien auf großes Interesse gestoßen. Auch Abende zu Fragen des aktuellen Zeitgeschehens, wie etwa „Gehört Russland zu Deutschland?“, Sterbehilfe oder alternative Medizin habe viele Leute interessiert, berichtet Wolfgang Wunderer. Darüber hinaus spiele der örtliche Bezug eine wichtige Rolle. Aufgegriffen wurde er etwa in Vorträgen über die Welser-Familie, Kunstwerke der Stadt oder über den Augsburger Stadtschreiber Konrad Peutinger im 16. Jahrhundert, seine Begegnung mit Martin Luther und die Affäre um die so genannten Dunkelmännerbriefe.

Kabarettisten aus Leidenschaft

Doch es kann auch ganz alltagsnah zugehen. Dann etwa, wenn der Freundeskreis das örtliche Güterverkehrszentrum, das Wasserwerk, die Hessing-Kliniken oder eine Papierfabrik besichtigt. Auch eine Führung bei der Augsburger Allgemeinen sei „unerhört eindrucksvoll“ gewesen, so Wolfgang Wunderer. Erstaunt habe ihn und seine Frau etwa, dass „zwischen dem Rechner des Journalisten und der Hand des Briefträgers keine menschliche Hand die Zeitung berührt“.

Ihre wache Beobachtungsgabe kommt den Wunderers noch bei einer weiteren Leidenschaft zugute: Beide sind passionierte Kabarettisten, die nicht nur mit Begeisterung spielen, sondern auch ihre eigenen Texte schreiben. 1976 gründeten die Wunderers die Gruppe „Das weißblaue Beffchen“, die es bis heute in München gibt. Durch Auftritte über diese Gruppe seien sie damals auch an die Evangelische Akademie nach Tutzing gekommen. Nach ihrem Umzug nach Augsburg 1979 gründeten sie dort die Gruppe „Die Schwarzarbeiter“. Heide Wunderer kann sich noch heute ein Kichern nicht verkneifen, wenn sie an die Auftritte zurückdenkt. Erst im letzten Jahr haben beide damit aufgehört: „Irgendwann wurde es zu viel“, erzählt sie. Manche Gottesdienste habe sie ja auch noch „nebenbei“ übernommen.

Schön wäre es, sagen Heide und Wolfgang Wunderer, eine Nachfolge für die Leitung des Augsburger Freundeskreises zu finden. Dass das nicht von heute auf morgen geschehen kann, ist beiden klar – und auch nicht das Wichtigste. Wichtig sei ihnen beiden, christliches Grundverständnis mit intellektuellem Austausch zusammenzubringen.

Termin: Samstag, dem 22.September 2018 um 19:00 Uhr, Großer Saal des Hotel am alten Park in Augsburg. (Weitere Informationen)

Bild oben rechts: Das Ehepaar Heide und Wolfgang Wunderer (Foto: dgr/eat archiv)

Bild unten:
Leidenschaft Kabarett:  Heide und Wolfgang Wunderer spielen in Weiden/Opf. „Die Ameise und die Grille“ nach Äsop. (Foto: privat/oh)

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