Autoclub und Fahrradclub sehen sich nicht als Gegner

Unter dem Titel „Die Zukunft der Mobilität“ luden die Evangelische Akademie Tutzing und der örtliche Rotary-Club zum Vortrags- und Diskussionsabend mit dem ADFC und ADAC. Dabei wurde schnell klar: „als Rede und Gegenrede funktionieren Autoclub und Fahrradclub längst nicht mehr.“

So formulierte es ADAC-Präsident August Markl in seinem Eingangsvortrag und stellte auch fest, dass sich das Selbstverständnis des größten Verkehrsclubs Europas im Laufe der Jahrzehnte gewandelt habe. „Wir sind ein Mobilitätsclub“, sagte Markl über seinen Verein, der 1903 als „Deutsche Motorradfahrer-Vereinigung“ gegründet wurde und sich 1911 in den „Allgemeinen Deutschen Automobil-Club“ umwandelte. Heute hat der Verein 21 Millionen Mitglieder.

Als Gegenpol gründete sich vor gut vierzig Jahren der ADFC in Bremen. In Tutzing sprach Bernadette-Julia Felsch für den Verein. Sie ist Landesvorsitzende des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) und Mitglied im Landesverband Bayern e.V. Sie versteht sich und den ADFC nicht als Auto-Gegner, jedoch sei die Mobilität, so wie sie heute organisiert ist, „stark verbesserungswürdig“.  Teile des Problems sieht sie vor allem im motorisierten Individualverkehr (MIV) sowie in der Infrastruktur, konkret, in den autogerechten und zu wenig fahrradgerechten Städten. Die Mobilitätswende ist nach der Meinung von Felsch „dringend nötig“ und dem Rad könne hier eine Schlüsselposition zukommen. „Neben einem Ausbau von Bus, Tram und Bahn ist das Fahrrad sicherlich das beste Verkehrsmittel, um das Ruder herumzureißen“, so Felsch.

Für August Markl steht die gesellschaftliche Verantwortung des ADAC im Zentrum. „Wir können und wollen die Probleme nicht übersehen, vor denen das Verkehrssystem steht. Ich nenne an erster Stelle den Klimaschutz, aber auch die Luftreinhaltung und den drohenden Verkehrskollaps insbesondere in vielen Städten.“ Für Markl stellten sich die Probleme, die der Autoverkehr mit sich bringt als „große, gigantische Aufgabe“ dar, die „keinen Aufschub duldet“. Ein Ende von „allem Gewohnten“ sieht er dagegen nicht – und meint damit die Automobilität im Allgemeinen. Mobilität müsse weiterhin für alle Menschen möglich bleiben und emissionsärmer werden. Die Mobilität der Zukunft stelle er sich klimaneutral, vernetzt und in ihren Formen vielfältiger als heute vor.

Die von Felsch geforderte verbesserte Rad-Infrastruktur unterstützt auch Markl und betonte, dass für den ADAC Investitionen in Radwege „ein echtes Anliegen“ seien. Beide Referierenden sehen in punkto Mobilitätswende weitere Player in der Pflicht: die Politik auf Bundesebene, Stadt- und Infrastrukturplanung aber auch die Kommunalpolitik. Einzelne Städte in Deutschland hätten verstanden, wie Fahrradverkehr funktioniert und eine Stadt prägen und aufwerten kann – jedoch käme es immer auf die Köpfe der Stadt an, die die Entscheidungsgewalt hätten, so Felsch.

Schlussendlich sei jeder Mensch gefordert, sich mit der Zukunft zu beschäftigen. Was die Mobilität beträfe, seien das nicht nur Politik, Wissenschaft und Industrie, sondern auch die Verkehrsteilnehmer sowie Verbraucherinnen und Verbraucher.

„Die Zukunft der Mobilität“ war das Thema der 9. Tutzinger Rede, einer Kooperation zwischen der Evangelischen Akademie Tutzing und dem Rotary Club Tutzing. Die 10. Tutzinger Rede 2021 wird sich mit der „Zukunft der Arbeit“ beschäftigen.

Dorothea Grass

Zum Nachlesen:

Zum PDF der Rede von ADAC-Präsident Dr. August Markl gelangen Sie hier.

Zum PDF der Rede der ADFC-Landesvorsitzenden Bernadette-Julia Felsch gelangen Sie hier.

Zum Nachhören:

In unserer Mediathek können Sie die Statements von Bernadette-Julia Felsch und Dr. August Markl zur 9. Tutzinger Rede nachhören. Dazu klicken Sie hier.

Bild: ADAC-Präsident Dr. August Markl und ADFC-Landesvorsitzende Bernadette-Julia Felsch bei der 9. Tutzinger Rede an der Evangelischen Akademie Tutzing (Foto: dgr/eat archiv)

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