Hip-Hop für mehr Gleichberechtigung und Fairness

Tanzen für eine bessere Gesellschaft: Beate Hartmann, die an der Evangelischen Akademie Tutzing zuständig ist für das Projekt “Alles Glaubenssache?” berichtet hier von Hip-Hop-Workshops, die Schülerinnen und Schüler für Rassismus sensibilisieren.

“Hip-Hop ist eine Jugendkultur und in der Regel spricht Hip-Hop die Jugendlichen in irgendeiner Form an und verbindet sie untereinander. In diesen Workshops geht es darum, dass die Schülerinnen und Schüler für Rassismus und Diskriminierung sensibilisiert werden. Sie zielen darauf ab, dass auch diejenigen, die nicht selbst betroffen sind, für Gleichberechtigung und Fairness in unserer Gesellschaft eintreten.” (Juri Scheiermann, Hip-Hop-Tänzer, Hip-Hop United – mit Hip-Hop gegen Rassismus)

Im Projekt “Alles Glaubenssache? Prävention und politische Bildung in einer Gesellschaft der Diversität” nehmen Themen wie Respekt, Vielfalt, gelingendes Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Religionszugehörigkeiten sowie Antirassismus bei der Konzeption und Durchführung von Workshops für und mit Schulklassen einen zentralen Stellenwert ein. Da Hip-Hop eine kulturelle Bewegung ist, die seit jeher soziale und politische Themen reflektiert, haben wir im Projekt in diesem Jahr unter anderem Workshoptage für Schulklassen angeboten, in denen das Hip-Hop-Tanzen mit antirassistischen Bildungsinhalten verbunden wurde.

Rassismus ist in Schulen – wie auch in unserer Gesellschaft – leider immer noch allgegenwärtig. So sind die teilnehmenden Schüler:innen entweder direkt betroffen oder Zeug:innen von rassistischer Diskriminierung. Die reflexive Auseinandersetzung mit Rassismus und die Förderung von Antirassismus spielt deshalb eine zentrale Rolle in der gesellschaftspolitischen Jugendbildung junger Menschen. Workshops, die in der Schule stattfinden, bieten eine wertvolle Gelegenheit für die Schüler:innen, sich mit diesem sensiblen Thema vertiefend auseinanderzusetzen und sich bewusst zu werden, wie sie aktiv zu einer gerechteren und inklusiveren Gesellschaft beitragen können. Um diese Erfahrungsprozesse für die Teilnehmenden zu ermöglichen, ist es wichtig, weitestgehend geschützte Räume zu schaffen, in denen sie die Möglichkeit haben, sich offen und ohne Angst vor Diskriminierung auszutauschen und laut über Bedingungen des Gelingens und Stolpersteine nachzudenken. So können Schüler:innen aus der Perspektive anderer lernen und sich dadurch auch der eigenen Stereotypen, die oft auf Vorurteilen und Unwissenheit beruhen, bewusster werden, ihr eigenes Denken und Verhalten reflektieren und gegebenenfalls entsprechend modifizieren. Im Workshop haben wir die Mechanismen des Rassismus nicht nur auf der persönlichen, sondern auch auf der strukturellen Ebene in den Blick genommen. Die Frage nach Strategien gegen Rassismus führt auch zu einer notwendigen Auseinandersetzung mit dem Konzept des so genannten “Critical Whiteness”, des kritischen Weißseins.

Wenn sich Tanz und Bildung verbinden, entwickelt sich neben einem Zusammengehörigkeitsgefühl auch ein Bewusstsein für die Bedeutung einer inklusiven und vielfältigen Gesellschaft und wird ausgebaut. Die Vielfalt des Hip-Hop ermöglicht es, verschiedene Ausdrucksformen zu nutzen, um Diskriminierung anzusprechen. In tänzerischen Partner:innenübungen können die Schüler:innen beispielsweise erleben, wie die Zusammenarbeit im Team und wie zwischenmenschliche Kommunikation auch ohne Worte gelingt. Im gemeinsamen Erlernen und Tanzen einer Hip-Hop-Choreographie machen die Schüler:innen die Erfahrung, dass über die Stärkung des Zusammengehörigkeitsgefühls auch die Toleranz füreinander wächst.

Zum Abschluss der Workshoptage wird mit den Schüler:innen eine so genannte Cypher geformt, ein großer Kreis, den alle Teilnehmenden zusammen nach der gemeinsamen Choreographie tanzend bilden. Dieser Gruppen-Freestyle schafft eine wunderbare Atmosphäre des Miteinanders und der Freude. Die jungen Menschen erfahren dabei Inspiration und Ermutigung, ihr Können zu zeigen: Alle Schüler:innen, die möchten, können entweder alleine oder zu zweit, zu dritt oder zu viert in der Mitte des Kreises ihren individuellen Tanzstil präsentieren oder auch ein Kunststück zeigen, während die Mitschüler:innen außerhalb anfeuernd klatschen und tanzen und dadurch Energie und Begeisterung in die Runde bringen. So eine offene Form des individuellen Ausdrucks fördert sowohl die Kreativität und das Selbstbewusstsein der einzelnen Schüler:innen als auch eine positive Verbindung zwischen allen Teilnehmenden.

Last but not least ist dabei dieser Hip-Hop-Workshop, der die jungen Menschen auf Augenhöhe anspricht, nicht als isolierte “Maßnahme” gegen Rassismus zu betrachten, sondern als Teil eines breiter gefächerten Bildungskonzepts, das auf interkulturellen Kompetenzen und Sensibilisierung abzielt.

Beate Hartmann, Projektleitung “Alles Glaubenssache?” an der Evangelischen Akademie Tutzing

Bild: Schülerinnen beim Abschlusskreis (Foto: Hartmann / eat archiv)

Trainer Angelo Berber und Juri Scheiermann bei einer Partnerübung.

Foto: eat archiv

Projektleiterin Beate Hartmann (2.v.l.) mit den Tanzcoaches Juri Scheiermann (ganz links), Angelo-Berber (2.v.r.) und Ousman Conteh (ganz rechts).

Foto: eat archiv

Die Schülerinnen und Schüler während einer tänzerisch umgesetzen Übung zur nonverbalen Kommunikation.

Foto: eat archiv

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