ARD-Programmdirektorin Strobl: “Wir können uns auf diesem Erfolg überhaupt nicht ausruhen.”

Seit dem Start der Programmreform der ARD verzeichnet der öffentlich-rechtliche Rundfunkverbund einige Erfolge, vor allem hinsichtlich der stetig wachsenden Nutzerzahlen der Mediathek. Die ARD-Programmdirektorin Christine Strobl sieht darin jedoch längst keinen Grund zum Ausruhen. In ihrem Gastbeitrag für die Evangelische Akademie Tutzing schreibt sie über die gesellschaftliche Dimension der ARD-Programmreform und die Rolle der Selbstverpflichtungserklärung, die sich “Das Erste” Ende 2021 auferlegt hat.

“Das Lagerfeuer Fernsehen brennt nicht mehr so hell wie früher”, schreibt Christine Strobl im Rotunde-Blog der Evangelischen Akademie Tutzing. Die Programmdirektorin der ARD, die nun seit über einem Jahr im Amt ist, meint damit: Das lineare, öffentlich-rechtliche Fernsehen muss große Anstrengungen unternehmen, um auch in Zukunft seinen gesetzlichen Auftrag zu erfüllen – Menschen um sich zu scharen und damit nicht nur zu bilden, zu informieren und zu unterhalten, sondern (auch) Gemeinschaftssinn zu stiften.

Um gegen die Fragmentierung und Pluralisierung bei der Nachfrage, den drohenden Generationenabbruch, die “zeitsouveräne” Mediennutzung, Konzentrations- und Monopolisierungstendenzen auf dem Medienmarkt sowie hohe Ansprüche an technische Qualität und inhaltliche Verantwortung in die Offensive gehen zu können, hat die ARD 2021 eine Programmreform auf den Weg gebracht. Ihr Hauptziel: “Ein Programm für alle zu machen, das im Sinne unseres gesetzlichen Auftrags die gesamte Gesellschaft erreicht.”, schreibt Christine Strobl in ihrem Gastbeitrag für die Akademie.

Darin arbeitet sie vor allem den Aspekt der Demokratierelevanz heraus. Was passiert, wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht rechtzeitig den aktuellen Entwicklungen auf dem Medienmarkt gegensteuert, sei am Beispiel der USA seit Jahren gut zu beobachten. Hier sei der Senderverbund Public Broadcasting Service (PBS) längst in der Bedeutungslosigkeit verschwunden – mit “dramatischen Folgen für den gesellschaftlichen Diskurs”, die Strobl folgendermaßen beschreibt: “Weil es kaum mehr objektive und wirtschaftlich wie politisch unabhängige Medien gibt, die eine Mehrheit der Bevölkerung erreichen, gibt es auch keine integrierende Wirkung von Medien mehr. Jeder legt sich eine passende Wahrheit zurecht, umgibt sich mit Gleichdenkenden – was letzten Endes die Spaltung der Gesellschaft vertieft.”

Der Gefahr, nicht mehr in der Mitte der Gesellschaft verankert zu sein, stelle sich die ARD mit ihrer Programmreform. Den Schwerpunkt für die nächsten Jahre bilde die Entwicklung weiterer programmlicher Inhalte und Angebote, sodass die ARD zu einem Inhalte-Netzwerk für alle Menschen in Deutschland werden könne. “Unsere Mediathek ist nicht mehr reines Anhängsel des linearen Programms, die als Videothek für verpasste Sendungen dient. Um alle Bevölkerungsgruppen zu erreichen, ist sie ein eigenständiges Programmangebot, das gleichwertig zum linearen Fernsehen zu betrachten ist.”, schreibt Christine Strobl.

Dem Bewusstsein über die Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks für die demokratische Willensbildung und den Zusammenhalt in der Gesellschaft, folgt auch die Selbstverpflichtungserklärung der ARD von Ende 2021. Strobl schreibt: “Unsere Programmreform geht davon aus, dass es nicht mehr ein Programm für alle gibt, sondern dass es diverse Programme für unterschiedliche Bevölkerungsgruppen geben muss.” Daraus habe die ARD mehrere selbstverpflichtende Zielvorgaben abgeleitet: den Senderverbund der ARD als Inhalte-Netzwerk zu verstehen, zielgruppenspezifische Inhalte für alle Bevölkerungsgruppen anzubieten, Vielfalt abzubilden, Orientierung zu bieten und Exzellenz erlebbar zu machen.

Gerade aktuelle Ereignisse zeigten, “dass Krieg und Pandemien längst auch den Kampf um die Informationshoheit mit sich bringen.”, so Strobl. Sie fügt hinzu: “Nur mit einem inhaltlich breit aufgestellten, diversen, wirtschaftlich unabhängigen und staatsfernen öffentlich-rechtlichen Rundfunk und einem Auftrag, der Bildung, Information, Beratung, Kultur und auch Unterhaltung und Sport umfasst, sind wir fest in der Mitte der Gesellschaft verankert und werden alle Menschen in unserer Gesellschaft erreichen können. Und nur wenn wir das schaffen und dieser Verantwortung gerecht werden, bleiben wir dauerhaft relevant und können nach der bekannten Formel des Bundesverfassungsgerichts einer demokratischen Mehrheitsgesellschaft als ‘Medium und Faktor für die öffentliche und individuelle Meinungsbildung’ dienen.”

 

Den kompletten Text lesen Sie im Rotunde-Blog der Evangelischen Akademie Tutzing.

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