Das Politische in der Grundschule sichtbar machen

Ines Breitsameter ist politische Bildnerin und Programmkoordination für Bayern bei 10drei e.V. Der Verein will die Werte unseres Grundgesetzes durch innovative Formate in Schulen bekannter machen. Die Studientage des Jungen Forums zur Verfassungsviertelstunde an Grundschulen verfolgen auch dieses Ziel: Demokratie für Schüler:innen alltagsnah erfahrbar machen. Wir haben ihr vorab drei Fragen gestellt.

Evangelische Akademie Tutzing: Frau Breitsameter, wie schätzen Sie die Lage der politischen Bildung an Schulen, speziell an Grundschulen, ein? 

Ines Breitsameter: Politische Bildung soll Menschen dazu befähigen, selbstbestimmt und durch eigene Urteilsfindung an der Gestaltung des gesellschaftlichen Lebens teilzuhaben. Schulen sind meiner Einschätzung nach gut darin, einschlägiges Wissen zu vermitteln und — je nach Lehrkraft — auch aktuelle Geschehnisse einzubeziehen und zu diskutieren. Auch viele wichtige demokratische Kompetenzen werden vermittelt, zum Beispiel durch Wahlen der Klassensprecher:innen oder die Schüler:innenmitverwaltung (SMV). Ich sehe allerdings noch viel Potenzial darin, das Politische dort sichtbar zu machen, wo es für Schüler:innen erlebbar ist und ihnen auch den Raum für ihre eigenen Einschätzungen und Austausch zu geben. Gerade Grundschulen sind ein idealer Ort, um wertebasierten Diskurs schon früh in einem gesamten Jahrgang anzuregen. Die nötige Offenheit dafür fordert allerdings Kapazitäten, die viele Lehrkräfte aktuell nicht haben. Gute externe Angebote und Fortbildungen sind da wichtig.

Was ist Ihre Vision für eine Demokratie der Zukunft – gemacht von den derzeitigen Grundschüler:innen, die die Welt schon jetzt und vor allem zukünftig gestalten werden? 

Mein grundsätzlicher Wunsch ist eine Demokratie, an der jede:r Teil hat und Lust darauf hat, sich gesellschaftlich einzubringen. Dafür braucht es natürlich Hintergrundwissen und Kompetenzen. Die werden dann gewonnen, wenn Demokratie alltagsnah und erfahrbar wird. Im Grunde geht es darum, dass alle erleben, was Demokratie mit ihnen zu tun hat, wie sie sich in dem demokratischen System einbringen können und das auch tun – ob durch ein parteipolitisches Engagement, die Teilnahme an Demonstrationen und Wahlen oder auch — und das gilt auch schon für die Kleinsten — durch ein respektvolles soziales Miteinander und das Erleben und Leben demokratischer Werte im Alltag. Politische Bildung ist in meiner Vision also fest in unserer Demokratie verankert und das von so früh an wie möglich. Im Idealfall sind die derzeitigen Grundschüler:innen also schon heute mündige Mitbürger:innen und engagieren sich auch zukünftig für unser demokratisches Miteinander.

Sie haben Friedensforschung und Internationale Beziehungen studiert. Das Gebiet wird noch aktuelle und brisanter. Wie können wir den Frieden für die kommenden Generationen bewahren? 

Das ist eine hoch relevante und gleichzeitig sehr schwierige Frage. Deutschland und Europa stehen vor zahlreichen Herausforderungen. In der Friedensforschung wird unterschieden zwischen „positivem“ und „negativem“ Frieden. Negativer Frieden beschreibt die Abwesenheit von Gewalt, während positiver Frieden noch darüber hinausgeht und beispielsweise Menschenrechte mit einbezieht. Um diese turbulenten Zeiten friedvoll zu meistern, denke ich, dass es unerlässlich ist, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken, eine lebendige Demokratie und die demokratischen Grundwerte zu fördern. Ich freue mich, mit 10drei e.V. demokratische Grundwertebildung noch stärker in Deutschland zu verankern.

Interview: Julia Wunderlich, Studienleiterin für Jugendpolitik & Jugendbildung (Junges Forum), Evangelische Akademie Tutzing

Zur Person:
Ines Breitsameter, langjährige politische Bildnerin und Sozialwissenschaftlerin, Programmkoordination Bayern bei 10drei e.V., darin zuständig für die Qualifizierung von Lehrkräften bei der Durchführung von innovativen Formaten der Demokratie(werte)bildung, München

Hinweis:
Der Studientag „Politische Bildung an Grundschulen“  findet am 15.07.2025 im Jungen Forum der Evangelischen Akademie Tutzing statt. Eine Anmeldung ist nicht möglich. Dieser Studientag wird in Kooperation mit Ines Bülow, Seminarrektorin für die Grundschulen im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen, und Andrea Hecht, Seminarrektorin für die Grundschulen im Landkreis Garmisch-Partenkirchen, durchgeführt.

Bild: Ines Breitsameter (Foto: 10drei e.V.)

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