Tutzinger Salon: Weil Musik letzten Endes der Musik gehörte

Tutzinger Salon: Weil Musik letzten Endes der Musik gehörte

03. November 2022

Inhalt

LIEBE FREUNDINNEN
UND FREUNDE DES TUTZINGER
SALONS,

noch sind die Bäume grün, doch der Herbst steht uns bald bevor und mit ihm gleich mehrere Tutzinger Salons. Zum Auftakt begrüßen wir einen häufigen und gern gesehenen Gast in unserem Haus: Die Schauspielerin Jovita Dermota, die im letzten Herbst etwa einen Tutzinger Salonabend über die Frauen um Napoleon gestaltet und sich im Jahr zuvor auf die Spuren Ludwig van Beethovens begeben hatte.

In ihrer aktuellen Produktion widmet sich Jovita Dermota dem russischen Komponisten Dmitri Schostakowitsch (1906-1975). Er litt seinerzeit unter dem repressiven Regime in seinem Land: Josef Stalin erklärt den jungen, rasch aufstrebenden Komponisten zum Volksfeind, deklariert seine Oper „Lady Macbeth von Mzensk“, die gerade international, auch in Russland gefeiert wird, völlig überraschend als „Chaos statt Musik“ und zwingt ihn doch grausam in den Staatsdienst. Unter Drohungen und Gewalt komponiert Schostakowitsch fortan für den Staat und hält Zeit seines Lebens so gut als möglich Abstand zu Stalin.

Sein ganzes Leben lebt und arbeitet Schostakowitsch am Rande der sogenannten Säuberung. Hochgeehrt und als Sprachrohr missbraucht, unter ständigem Terror und massivem Druck der Partei, flüchtet er in die innere Emigration.

In drei Akten erzählt Jovita Dermota die Geschichte eines der bedeutendsten Komponisten im Russland des 20. Jahrhundert. Anhand von Dokumenten und Texten zeigt sie sowohl die Perspektive der öffentlichen als auch der Selbstwahrnehmung und widmet sich ihm schließlich durch den Blick eines Freundes: des Komponisten Krzysztof Meyer. Der nennt Schostakowitsch „eine rätselhafte Gestalt, schwer fassbar und voller Widersprüche“ und schreibt doch: „Er strahlte eine seltene Größe und Güte aus sowie eine Art magischer Kraft, der man sich nicht entziehen konnte.“

Musikalisch begleitet wird Jovita Dermota von Eva-Maria May am Flügel und Klaus Kämper am Cello – selbstverständlich mit Stücken aus der Feder Schostakowitschs.

Wir freuen uns, Sie wieder in unseren Salons zu begrüßen!

Alix Michell
Studienleiterin für Kunst, Kultur, Digitales und Bildung
Evangelische Akademie Tutzing

Tagungs-Programm

Donnerstag, 03. November 2022
19.00 UhrEinlass
19.30 UhrBegrüßungAlix Michell
Weil Musik letzten Endes der Musik gehörteSzenische Lesung von und mit
Jovita Dermota
20.30 UhrPause
20.50 UhrSonate für Cello & Piano in D Minor, Op. 40 von Dmitrik Schostakowitsch
gespielt von Eva-Maria May
am Flügel
und
Klaus Kämper am Cello
21.15 UhrBegegnungen und Gespräche in den Salons
Eine Anmeldung ist erforderlich
19.00 Uhr
Einlass
19.30 Uhr
BegrüßungAlix Michell
Weil Musik letzten Endes der Musik gehörteSzenische Lesung von und mit
Jovita Dermota
20.30 Uhr
Pause
20.50 Uhr
Sonate für Cello & Piano in D Minor, Op. 40 von Dmitrik Schostakowitsch
gespielt von Eva-Maria May
am Flügel
und
Klaus Kämper am Cello
21.15 Uhr
Begegnungen und Gespräche in den Salons
Eine Anmeldung ist erforderlich

Mehr zum Thema

KLAUS KÄMPER
über die Sonate für Cello & Piano in D Minor, Op. 40

Mit seiner frühen Sonate in d-Moll, op. 40, hat Schostakowitsch dem “cantabilen Ausdrucksgehalt” eines der schönsten Denkmale in der Celloliteratur gesetzt. Das Stück, Anfang 1934 entstanden, ist, wie die Sinfonik Schostakowitschs, ein Bekenntnis zur klassisch-romantischen Formtradition. Das Allegro non troppo beginnt wie eine Synthese aus Brahms und Debussy: mit einer lang ausgesponnen Cellokantilene über impressionistischen Akkordflächen des Klaviers. Auch das zweite Thema knüpft in seinem Ausdruck unverhohlen an die Spätromantik an, während sich der “echte” Schostakowitsch in der Durchführung zeigt. Dort wird ein Motiv aus der Schlußgruppe zunächst in fahlem Pizzicato-Kontrapunkt, dann als unerbittlich hämmernder Ostinato verarbeitet. Solche Ostinatobildungen gehören zu den wichtigsten Steigerungsmitteln auch in den Sinfonien. Der Wiedereintritt des zweiten Themas wirkt danach beinahe unwirklich schön, während das Hauptthema erst nachträglich und im Ausdruck völlig verändert wiederkehrt. Durch hohle, mechanische Oktaven im Klavier wirkt es wie entkräftet. Kantabilität scheint nicht mehr möglich. Das Durchführungsmotiv setzt den bitteren Schlußpunkt.

Das Allegro-Scherzo spielt danach brutal auf, einerseits wild asiatisch im Chatschaturjan-Stil, andererseits bewußt salonhaft banal. Der Kontrast zum folgenden Largo könnte kaum größer sein. In ihm begegnet man dem typischen Schostakowitsch der langsamen Sätze: zu Beginn in einem archaischen Gesang des Cellos über stockenden Klavierakkorden, später in einer elegischen “Vokalise” nach Rachmaninoffs Vorbild und einem entrückten hohen Klaviersolo. Der lange Atem dieses Satzes ist von Resignation durchdrungen, was besonders die unaufgelöste Harmonik vermittelt. Dass aller Kampf vergeblich sei, ist eine der zentralen Botschaften Schostakowitschs. Seine ironische Antwort darauf ist der Sarkasmus des Allegro-Finales. Von der verzerrten Anspielung auf Haydn im Thema bis zum leeren Passagenwerk im Stile eines Hummel oder Czerny werden hier klassische Finalklischees bemüht und ad absurdum geführt.

Die Ironie eines solchen Finales konnten die stalinistischen Kunstrichter schon wenig später nicht mehr ertragen. Anfang 1936 erschien in der Prawda der Artikel Chaos statt Musik, durch den Schostakowitsch zum verfehmten Komponisten wurde. Er war gerade mit dem Cellisten Viktor Kubatzki, dem Widmungsträger der Sonate, auf Tournee, als er las, dass man ihm “linke Zügellosigkeit statt einer menschlichen Musik” vorwarf.

Referierende

UNSERE GÄSTE

Jovita Dermota ist am Max Reinhardt Seminar in Wien zur Schauspielerin ausgebildet worden. Engagements an den Münchner Kammerspielen, am Schauspielhaus Zürich und am Residenztheater München folgten. Seit vielen Jahren widmet sie sich der Entwicklung von Sololeseprogrammen u.a. zu Clara Schumann, Ingeborg Bachmann, Franz Kafka, Virginia Woolf, Oskar Kokoschka, Gustav Klimt, Richard Strauss, Martin Luther, Michelangelo Merisi da Caravaggio und Vincent van Gogh. 1999 erhielt sie das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst.

Klaus Kämper konzertierte – nach dem Studium am Düsseldorfer Robert – Schumann – Konservatorium – 15 Jahre lang als Cellist des preisgekrönten Cherubini – Quartetts in der ganzen Welt. Heute ist er Solocellist des Bayerischen Kammerorchesters und auch Mitglied des Voyager-Streichquartetts, dessen kürzlich beim Label solo musica erschienene Cds „Winterreise“ und „Boten der Liebe“ zur Zeit große internationale Beachtung finden.

Eva-Maria May lebt ihre Virtuosität als Solistin und gefragte Kammermusikpartnerin mit großer Freude in unterschiedlichen Spielarten aus, wie z.B.im Klavierduo Onda Verde mit dem „Crossover von Alexander Skrjabin und Jazz-Standards“ Neben CD-Aufnahmen in Kooperation mit dem Bayerischen
Rundfunk mit Werken von Chopin, Skrjabin und Strawinsky hat die Pianistin in den vergangenen Jahren fast das gesamte Kammermusikwerk von Francis Poulenc bei PALADINO/Wien eingespielt.

Eva-Maria May und Klaus Kämper konzertieren seit vielen Jahren miteinander, inspiriert von den vielen klanglichen Möglichkeiten, die sich aus der Verbindung Cello – Klavier ergeben. Nicht nur Sonaten von Johannes Brahms, Franz Schubert, Claude Debussy, Francis Poulenc und Dimitri Schostakowitsch gehören zu ihrem Repertoire, sondern auch viele eigene Bearbeitungen von Liedern aus allen Epochen.

Preise & Informationen

VERANSTALTUNGSLEITUNG
Alix Michell, Evangelische Akademie Tutzing

ORGANISATION & INFORMATION
Rita Niedermaier, Tel.: 08158 251-128. Ihre Anfragen zu der Veranstaltung erreichen uns in der Zeit von Montag bis Freitag von 9.00 Uhr bis
12.00 Uhr.

Anmeldungen erbitten wir bis spätestens 2. November 2022 entweder online oder direkt an: niedermaier@ev-akademie-tutzing.de

Eintritt 18.– Euro / erm. 9.– Euro
Eine Anmeldung ist erforderlich.

Veranstaltungsort
Evangelische Akademie Tutzing / Schlossstr. 2+4 / 82327 Tutzing

Weitere Informationen zu Datenschutz /AGB / Hygienekonzept / umweltfreundlicher Anreise und E-Mobilität finden Sie unter dem Titel der Veranstaltung auf unserer Homepage: www.ev-akademie-tutzing.de

Bildnachweis: Titelseite: © Adobe Stock / Innen: Margarita Platis/
BSTGS
Veranstaltungsnummer: 0652023

Ort & Anreise

Evangelische Akademie Tutzing / Schlossstraße 2+4 / 82327 Tutzing

Planen Sie Ihre Anreise schnell und einfach bei unserem Partner Green Mobility:

 


 
Dort finden Sie alle Anreisemöglichkeiten (mit dem PKW, Nah-/Fernverkehr, …) zu uns im direkten Vergleich
mit Hilfe von Echtzeitdaten und sparen sich so die zeitaufwendige Suche bei unterschiedlichen Anbietern.
 
Die Akademie verfügt nur über eine begrenzte Anzahl von Parkplätzen. Wir empfehlen die Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln.
Die Deutsche Bahn bietet auch die Möglichkeit, für Fahrten zu Seminaren und Tagungen das Veranstaltungsticket (VaT) im Geschäftskundenportal "CLASSIC" bzw. in der Großkundenlösung zu buchen.
 
MIT ÖFFENTLICHEN VERKEHRSMITTELN
Ab München Hbf: S-Bahn S6 (Tiefgeschoss) bis Endstation Tutzing oder Regionalbahn in Richtung Garmisch
bzw. Kochel. Fußweg vom Bahnhof zur Akademie: ca. 10 Minuten – Bahnhofstraße, Hallberger Allee,
Hauptstraße, Schlossstraße.
 
Tagungsgäste, die zur Anreise öffentliche Verkehrsmittel benutzen und dieses durch Vorlage ihres Fahrscheins (Mindestbetrag: 10.– €) an der Rezeption nachweisen können, erhalten auf den vollen (nicht ermäßigten) Tagungsbeitrag einen Preisnachlass.
Bitte beachten Sie abweichende Regelungen bei einzelnen Sonderveranstaltungen, z.B. Tagungen im Jungen Forum, Tages- und Abendveranstaltungen oder Konzerte!
 
MIT  DEM PKW
Mit dem Auto fahren Sie von München auf der A95 in Richtung Garmisch bis zur Abzweigung Starnberg,
von Starnberg auf der B2 bis Traubing, danach Abzweigung links nach Tutzing.