Tagungsbericht “Wissenschaftsfreiheit in Gefahr?”
Forschende, die zur Zielscheibe werden, Wissenschaftszweige, die um ihr Überleben kämpfen, Politik, die Wissenschaft instrumentalisiert oder zum Feindbild erklärt, Bürokratie, ökonomische Abhängigkeiten, mediale Verzerrungen und hohe Erwartungen: Die Wissenschaft steht weltweit vor enormen Herausforderungen. Wie ist die Lage in Deutschland? Und was können wir von anderen Ländern lernen? Darum ging es in der Herbsttagung des Politischen Clubs im November 2025.
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“Das was uns beschäftigt hat, ist ein Angriff auf das freie Denken.” So fasste Roger de Weck, Leiter des Politischen Clubs in einem Satz die Herbsttagung mit dem Titel “Wissenschaftsfreiheit in Gefahr?” zusammen. Wissenschaftsfreiheit sei das, was die Aufklärung ausmache. “Das ist das, was die liberale Demokratie ausmacht. Das ist das, was die Wissenschaft ausmacht. Und das ist auch Lust, dieses freie Denken.”, so de Weck. Der Politische Club vom 14. bis 16. November 2025 untersuchte die verschiedenen Infragestellungen dieses freien Denkens.
In seinem Vortrag zur Wissenschaftsfreiheit beschrieb Staatsminister Markus Blume diese als ein Thema, das in den vergangenen Jahren stark an Bedeutung gewonnen hat. Zwar sei die Wissenschaftsfreiheit heute sichtbarer denn je und erstmals ausdrücklich im Koalitionsvertrag verankert, zugleich nehme jedoch der Druck auf sie spürbar zu. Aus Sicht der Länder bestehe dabei kein grundlegender Dissens zum Bund: Beide Ebenen teilten die Einschätzung, dass Wissenschaftsfreiheit aktiv geschützt werden müsse. Der Blick auf internationale Entwicklungen, etwa den gesunkenen Academic Freedom Index, zeige, dass die Bedrohungen real seien, auch wenn die Freiheit durch Instrumente wie die Hochschulautonomie heute insgesamt größer sei als noch vor 20 Jahren.
Blume benannte verschiedene Gefahren für die Wissenschaftsfreiheit: wachsender Wissenschaftsskeptizismus, der insbesondere durch soziale Medien verstärkt werde, politische Instrumentalisierung von Forschung, ökonomische Abhängigkeiten sowie ein “sanfter Druck des Zeitgeistes”, der bestimmte Themen oder Positionen aus dem Diskurs drängen könne. Auch übermäßige Bürokratie schränke die Freiheit der Forschung ein. Gleichzeitig betont er, dass Wissenschaftsfreiheit nicht grenzenlos sei, sondern dort ende, wo andere Grundrechte und die Verfassung – etwa im Kampf gegen Antisemitismus oder Verschwörungsmythen – berührt werden. Die Länder sähen sich hier in einer zentralen Verteidigungsrolle.
Wissenschaftsfreiheit sei untrennbar mit Demokratie verbunden und verlange eine resiliente Wissenschaft, die Debatten aushält, Vielfalt der Positionen zulässt und aktiv zur Stärkung der Gesellschaft beiträgt. Eine stärkere Wissenschaftskommunikation sei dabei unerlässlich, um im Wettbewerb der Stimmen bestehen zu können. Zugleich warnte Blume vor einer Einschränkung der Freiheit durch pauschale Zivilklauseln und vor einer Militarisierung der Forschung.
Der Bayerische Staatsminister für Wissenschaft und Kunst sagte, man muss für die Wissenschaftsfreiheit arbeiten. Er vertrat die Position, dass Wissenschaftsfreiheit kein Luxus der Bildungselite sei, sondern ein Fundament unserer Demokratie. Blume weiter: “Weltweit werden Forschende unter Druck gesetzt, Bücher verbannt und Universitäten eingeschüchtert – auch in Deutschland gibt es Warnsignale. Wissenschaftsfreiheit aber heißt: Forschen ohne Angst und ohne Denkverbote. Genau dafür stehen wir als Länder ein, denn ohne freie Wissenschaft wird Wahrheit zur Verhandlungssache.”
“Wissenschaft und Demokratie – eine Frage der Wissenschaftsfreiheit?” lautete der Titel des Vortrags von Prof. em. Dr. Michael Hagner, Wissenschaftshistoriker und -philosoph sowie emeritierter Professor am Departement Geistes-, Sozial- und Staatswissenschaften der Eidgenössischen Technische Hochschule Zürich.
Er beleuchtete in seinem Vortrag, wie eng die Konzepte von Wissenschaft und Demokratie miteinander verknüpft sind. Naturwissenschaft und Technik sind für die Gesellschaft unverzichtbar, aber eine kritische Einschätzung der politischen Lage, die für eine Demokratie erforderlich ist, wird den Geisteswissenschaften zugeschrieben. Während eine Demokratie Wissenschaft fördert, die sowohl technische Innovationen als auch kritische Reflexion hervorbringt, sehe eine Diktatur nur technische Fortschritte ohne reflexive Auseinandersetzung vor. Hagner verwies auf die zentrale Bedeutung der Wissenschaftsfreiheit, die im historischen Kontext schwankte – vom Kaiserreich, wo sie als selbstverständlich galt, bis zur Zeit des Zweiten Weltkriegs, als sie massiv eingeschränkt wurde. Nach dem Krieg wurde die Wissenschaftsfreiheit erneut als natürliche Gegebenheit wahrgenommen, aber auch heute gibt es immer wieder politische Eingriffe in die Wissenschaft, etwa durch Forschungsgelder oder Reformen wie die Bologna-Reform. “Die Wissenschaftsfreiheit endet oft da, wo die Lenkung der demokratischen Politik beginnt”, so Hagner. Hier zeigt sich die Grenze zwischen der notwendigen Lenkung der Wissenschaft durch die Politik und dem Schutz der Wissenschaftsfreiheit.
Hagner ging auch auf die Rolle der Wissenschaft in der Gesellschaft und das Vertrauen der Öffentlichkeit ein. Wissenschaften sollten nicht einfach als “Lieferdienste” für die Gesellschaft fungieren, findet Hagner. Besonders während der Corona-Pandemie war die schnelle Entwicklung von Impfstoffen ein Beispiel für die enge Verzahnung von Wissenschaft und Gesellschaft. Doch die Vorstellung, dass diese Praxis immer so erfolgreich sein wird, ist problematisch. Die Skepsis gegenüber der Wissenschaft, die besonders im Kontext der Impfstoffentwicklung aufkam, ist Hagners Meinung nach nicht nur eine Reaktion auf einzelne wissenschaftliche Ergebnisse, sondern spiegelt ein tieferes Misstrauen in die politische und wirtschaftliche Elite wider. Er forderte eine differenziertere Debatte über Wissenschaftsfreiheit, insbesondere in Bezug auf die Geistes- und Sozialwissenschaften, und stellt die Frage, wie nahe Wissenschaft und Politik wirklich zusammenarbeiten sollten.
Im Rahmen des Projekts KAPAZ wurde eine Studie durchgeführt, die sich mit den Gründen für die zunehmenden Auseinandersetzungen über wissenschaftliches Wissen befasste. Clemens Blümel, kommissarischer Leiter der Abteilung Forschungssysteme und Wissenschaftsdynamik am Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) stellte fest, dass eine Zunahme der Abhängigkeit der Politik von Wissenschaft zu beobachten sei, da wissenschaftliche Erkenntnisse zunehmend politische Entscheidungen legitimierten. Wissenschaftler:innen beteiligten sich verstärkt an öffentlichen Debatten, was von ihnen erwartet wurde, jedoch auch neue Formen der Anfeindung hervorrief. Trolling, Hassrede und Drohungen seien dabei nur einige der angreifenden Taktiken, die sowohl das Engagement in der Wissenschaftskommunikation als auch die Wissenschaftsfreiheit gefährdeten. Besonders besorgniserregend sei die Tendenz zu Selbstzensur, da betroffene Forschende ihre Themenwahl hinterfragten und sich aus öffentlichen Diskussionen zurückzogen. Laut Blümel könne dies langfristig den wissenschaftlichen Austausch und die Forschungsstrategien negativ beeinflussen.
Andreas Sentker, Wissenschaftsjournalist und langjähriger Redakteur bei “Die Zeit”, ergänzte in seinem Vortrag, dass die Zunahme der Anfeindungen mit der zunehmenden Bedeutung der Wissenschaft im Alltag korreliere. Während der Corona-Pandemie, so Sentker, sei Wissenschaft “noch nie so öffentlich und so wichtig” gewesen, was zugleich ihre Verwundbarkeit durch populistische Kräfte wie die AfD gezeigt habe. Diese versuchten, bestimmte wissenschaftliche Felder gezielt anzugreifen und “zu bereinigen”, während sie sich als Förderer der Wissenschaft darstellten. Sentker kritisierte, dass die Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Politik nicht klar genug definiert sei und plädierte für ein robustes System wie das britische SAGE-Modell, bei dem diverse Wissenschaftler:innen in Krisenfragen zu Rate gezogen werden, um die Wissenschaft vor politischen Einflüssen zu schützen.
Der Soziologe und politische Philosoph Prof. Dr. Andreas Wimmer von der Columbia-University in New York beleuchtete in seinem Vortrag die wachsende Polarisierung in den USA und ihre Auswirkungen auf die akademische Freiheit. Wimmer sprach von einer Zangenbewegung zwischen linksidentitären und rechtsidentitären Anliegen, die von beiden Seiten her die wissenschaftliche Freiheit einengen. Auf der linken Seite kritisiere man die Gesellschaft als ein hierarchisches System, während die rechte Seite eine “Opfer-Kultur” von liberalen Eliten anprangere. Dies führe zu politischen Drucksituationen, bei denen beispielsweise Diversitätsanforderungen in Forschungsprojekten von der Linken und “anti-ideologische” Prinzipien wie die Ablehnung von Affirmative Action von der Rechten gefordert würden. Wimmer hob hervor, dass dieser ideologische Druck auf Universitäten zunehmend dazu führe, dass Forschung und Lehre politisch gesteuert und Tabus gesetzt werden.
Für die Zukunft sah Wimmer die Gefahr einer weiteren Verschärfung dieser ideologischen Konflikte, insbesondere unter einer fortgesetzten MAGA-Dominanz. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, schlug er verschiedene Handlungsoptionen vor: Universitäten sollten entweder nachgeben, sich anpassen oder Widerstand leisten. Eine weitere Möglichkeit sah er in einem “Rückzug hinter die Klostermauern”, um der politischen Einflussnahme zu entkommen und die Unabhängigkeit der Forschung zu bewahren. Dabei plädierte er für die Verteidigung der akademischen Autonomie, die Konzentration auf evidenzbasierte Forschung und die Abgrenzung von ideologischen Bewegungen. Der Versuch, eine ideologisch neutrale Forschung zu fördern, solle sowohl die politische Unabhängigkeit der Universitäten als auch die wissenschaftliche Qualität sichern, indem man ideologische Verzerrungen und politische Einflüsse minimiert.
Einen zweiten Ländereinblick gab Prof. Laszlo F. Földenyi. Dem ungarischen Essayisten, Kunsttheoretiker, Literaturkritiker und Übersetzer wurden der Lehrstuhl für Vergleichende Literaturwissenschaft an der Loránd-Eötvös Universität in Budapest (1991 bis 2019) und der Lehrstuhl für Kunsttheorie an der Budapester Hochschule für Theater- und Filmkunst (2003 bis 2021) entzogen.
In seinem Vortrag beschrieb Földenyi die autoritäre Entwicklung in Ungarn unter Viktor Orbán, der sich als Erlöser des Landes präsentierte, aber gleichzeitig eine starke Kontrolle über die Meinungsfreiheit und die Wissenschaft ausübte. Orbán stellte sich als “Vater des Volkes”, der das Land aus dem Chaos führen wollte, und setzte seine Politik mit einer 2/3-Mehrheit durch. Unter seiner Herrschaft wurden politische Gegner und freie Denker immer wieder angegriffen, wie zum Beispiel bei der “Philosophen-Prozess”-Affäre, in der Orbán Philosophen unter dem Vorwurf der Veruntreuung von Geldern verfolgte, was als Versuch gewertet wurde, das freie Denken zu unterdrücken. Auch die renommierte Central European University (CEU) wurde 2017 durch eine Gesetzesänderung gezwungen, Ungarn zu verlassen, nachdem Orbán das Gesetz so änderte, dass ausländische Universitäten einen Standort in ihrem Ursprungsland haben mussten. Der Angriff auf die CEU wurde zudem von einer Kampagne gegen den Investor George Soros begleitet, der in autoritären Staaten als Sündenbock stilisiert wurde.
Orbán griff auch die ungarische Wissenschaftselite an, indem er die Unabhängigkeit der Ungarischen Akademie der Wissenschaften einschränkte und Pseudowissenschaften förderte. Er zog der Akademie Forschungsinstitute ab und versuchte, ihre politische Unabhängigkeit zu untergraben, nachdem sie sich 2017 hinter die CEU gestellt hatte. Auch Genderstudien wurden verboten, und zahlreiche Stiftungen, die Orbán nahestanden, erhielten Milliardenbeträge, was die Transparenz in der Nutzung von EU-Geldern stark beeinträchtigte. Trotz dieser Entwicklungen blieb das Vertrauen der Gesellschaft in die Wissenschaft bestehen, doch viele Ungarn, einschließlich Abiturienten, verließen das Land – weniger aus politischen, sondern aus karrieretechnischen Gründen. Wie Földenyi abschließend bemerkte, sei die “Atmosphäre schlimm” und das politische Klima zunehmend unsicher.
Im Gespräch mit Roger de Weck plädierten sowohl Staatsekretär Dr. Marcus Pleyer (Staatssekretär im Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt) sowie Prof. Dr. Wolfgang Wick (Professor für Neurologie und Ärztlicher Direktor der Neurologischen Klinik am Universitätsklinikum Heidelberg, Vorsitzender des Wissenschaftsrats) dafür, einerseits die Freiheit und andererseits die Finanzierung zu sichern. Darüber hinaus müsse man sich auch Gedanken darüber machen, wie es wäre, wenn eines Tages auch die AfD regiert oder mitregiert.
Prof. Dr. Elif Özmen, Professorin für praktische Philosophie an der Justus-Liebig-Universität Gießen, ging in ihrem Vortrag auf die Diskussion um Wissenschaftsfreiheit und deren Relevanz ein, die seit dem 17. Jahrhundert geführt wird und in den letzten zehn Jahren in deutschsprachigen Ländern zunehmend an Bedeutung gewonnen hat. Auf dem Feld der Wissenschaften werden gesamtgesellschaftlich Deutungskämpfe ausgetragen, so Özmen. Sie forderte, dass Wissenschaftsfreiheit nicht zugunsten anderer Werte eingeschränkt werden darf.
Dabei hob sie hervor, dass es weniger um Einschränkungen durch den Staat, sondern vielmehr um die gesellschaftlichen Begrenzungen gehe, die oft durch die Angst vor “Canceln” ausgelöst werden. Özmen argumentierte, dass gesellschaftlich kontroverse Themen aufgrund der moralischen Überreaktionen nicht mehr offen diskutiert werden, was die Wissenschaft selbst einschränkt: “Wissenschaftsfreiheit ist ein umkämpfter Begriff und das öffentliche Interesse ist groß, aber selektiv.” Zudem stellte sie klar, dass es in der Wissenschaft klare Standards gebe, die über bloße Meinungsfreiheit hinausgingen: “Wenn Forschende, die den Menschengemachten Klimawandel leugnen, nicht eingeladen werden zu Konferenzen, ist das keine Einschränkung in der Wissenschaftsfreiheit.”
Sie identifizierte verschiedene Verständnisse von Wissenschaftsfreiheit und betonte die Notwendigkeit eines gemeinsamen wissenschaftlichen Ethos. Wissenschaftliche Freiheit müsse in einem Rahmen von Verantwortung und Selbstregulierung ausgeübt werden, wobei nicht nur Universitäten und der Staat, sondern vor allem die einzelnen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für die Wahrung dieser Freiräume verantwortlich seien. Özmen wies darauf hin, dass die Verantwortung für die Wissenschaft nicht nur in der institutionellen Struktur liege, sondern auch in der persönlichen Haltung der Forschenden, die ihre eigenen wissenschaftlichen Tugenden leben sollten.
Sonja Lemke MdB, Obfrau der Partei Die Linke im Ausschuss für Forschung, Technologie, Raumfahrt und Technikfolgenabschätzung ging im Gespräch mit der Moderatorin Sybille Giel sowohl auf die Kommerzialisierung als auch die globale politische Entwicklung in der Wissenschaft ein. Sie kritisierte Tendenzen zur Militarisierung in der Wissenschaft (Dual Use) und forderte den Ausbau demokratischer Strukturen in der Wissenschaft sowie ein breiteres Verständnis von Wissenschaft, denn “Wissenschaft ist politisch”. Darüber hinaus sollten Hochschulen und Universitäten durch Bund und Länder finanziert werden, sodass keine Drittmittel nötig sind. “Politik ist die Aushandlung der Werte auf deren Grundlage wir zusammenleben.”
“Es reicht nicht länger, Wissen zu vermitteln, die Kommunikation ist Teil der Wissenschaft selbst!” Das sagte Prof. Dr. Stefanie Walter, Professorin für Science and Crisis Communication an der School of Social Science and Technology der Technischen Universität München. In ihrem Vortrag über die Wissenschaftskommunikation erklärte Prof. Dr. Stefanie Walter, dass die Gesellschaft in einem ständigen Dialog mit der Wissenschaft steht, wobei verschiedene Akteure wie Forschungseinrichtungen, Medien und politische Akteure eine Rolle spielen. Sie betonte, dass sich die Rahmenbedingungen für die Wissenschaft durch die zunehmende “Mediatisierung” verändern, da die Wissenschaft immer stärker von den Medien beeinflusst wird. Gleichzeitig seien wissenschaftliche und mediale Logiken oft nicht kompatibel, was zu Missverständnissen und Fehlinformationen führe. Auch die politische Instrumentalisierung von Wissenschaft sei ein wachsendes Problem, da politische Akteure zunehmend die Legitimität von Forschung infrage stellten, um eigene Narrative zu stützen.
Walter hob hervor, dass Wissenschaftskommunikation eine zentrale Rolle für die Wissenschaftsfreiheit spielt und dass die Wissenschaft nicht nur Wissen vermitteln, sondern auch den Dialog mit der Gesellschaft suchen müsse. Sie sprach sich für mehr Transparenz und Partizipation aus, um Vertrauen zu schaffen und die Gesellschaft aktiv in den Forschungsprozess einzubeziehen. Wichtig sei auch, die Unsicherheiten und Grenzen von wissenschaftlichen Ergebnissen offen zu kommunizieren. Zudem müsse die Wissenschaft vor politischen Angriffen und dem “Chilling-Effekt” geschützt werden. Als Lösung nannte Walter eine resiliente Wissenschaftskommunikation, die sowohl institutionelle Verantwortung als auch mehr Medienkompetenz und kollegiale Solidarität umfasst.
Roger de Weck, selbst Publizist und Journalist, kritisierte auch seine eigene Zunft. „Das ist etwas, was letztlich eine strategische Fehlentwicklung so vieler Medienhäuser war, dass sie – gerade in Zeiten ‘on demand’, wo jede und jeder gemäß der eigenen Präferenz das abruft, was ihn besonders interessiert – die kleinen Publika vernachlässigt haben, die besonders treu sind: die Leserinnen und Leser, der Wissenschaftsteile, der Feuilletons, der Wirtschaftsteile beispielsweise. Hier haben die Medien eine große Verantwortung.”
De Weck warnte vor Autoritarismus – vor allem in der Tech-Branche. “Wenn die Geldmacht da ist in Gestalt der Oligarchen, wenn in der digitalen Welt so viel Konzentration auf Geld und Daten nötig ist, um überhaupt erfolgreich zu sein, dann kommt es zur Gefährdung der Demokratie, zur Gefährdung der Freiheit, zur Gefährdung der Wissenschaftsfreiheit.”
De Weck weiter: “Diese Leute, die so viel Geld und Datenmacht haben, dulden eigentlich nichts neben sich.” Wenn etwa ein Peter Thiel sage, “Technologie bedarf Freiheit”, nicht “Demokratie bedarf Freiheit”, dann sei klar: “Diese Oligarchen wollen keine liberale Demokratie, kein soziales Gewissen, keine Ökologie, letztlich auch keine Universitäten und andere Strukturen, die ihnen im Weg stehen können.”
Dorothea Grass (Mitarbeit: Annabel Baumgardt)
Bild: Prof. Dr. Elif Özmen bei der Abschlussdebatte zur Tagung. (Foto: Haist / eat archiv)
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