Rede zum Jahresempfang: Staatsminister Dr. Florian Herrmann

Es gilt das gesprochene Wort!

Rede von Herrn Staatsminister Dr. Florian Herrmann, MdL, anlässlich des Jahresempfangs der Evangelischen Akademie Tutzing am 17. Januar 2019 in Tutzing

I. Neujahrsgrüße

Sehr geehrter Herr Hahn,

sehr geehrter Herr Landesbischof Bedford-Strohm,

sehr geehrter Herr Minister Asselborn,

sehr geehrte Damen und Herren!

Ich darf Ihnen die herzlichen Neujahrsgrüße des Bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Markus Söder überbringen. Und auch persönlich wünsche ich Ihnen allen ein gutes neues Jahr. Sehr gerne bin ich heute zu Ihnen gekommen, um mit Ihnen 2019 einzuläuten. Herzlichen Dank für die Einladung!

Tutzing ist ein Ort der Begegnung. Und die Evangelische Akademie eine erstklassige „Denkwerkstatt“.

  • Hier werden theologisch, ethisch, politisch und gesellschaftlich relevante Fragen auf höchstem Niveau diskutiert.
  • Die politische Bildungsarbeit, die von der Evangelischen Akademie gerade auch für junge Leute geleistet wird, ist großartig.

Dafür möchte ich Ihnen, sehr verehrter Herr Hahn, und Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern herzlich danken. Sie bereichern Bayern.

Sehr geehrter Herr Landesbischof,

ich bin froh, dass sich die Evangelische Kirche diese kritische Denkwerkstatt leistet und gleichzeitig eine Plattform des Austausches bietet. So werden hier Themen aus einem anderen als dem bayerischen Blickwinkel präsentiert. Wie heute das Thema Europa und die Frage, wohin Europa steuert.

Als zuständiger Minister für Europaangelegenheiten verschärfe ich die Aussage noch: 2019 braucht es ein besonderes Maß an Wachsamkeit und Verantwortungsbewusstsein von uns allen.

II. Die Zukunft Europas steht auf dem Spiel

An allen Ecken und Enden des Kontinents wird an der Idee Europas gezerrt. Der bevorstehende Brexit, die Entwicklung in anderen Ländern der EU zeigen das deutlich. Zudem ist Europa von außen von Krisenherden umgeben.

Dieses Jahr steht Europa ganz grundsätzlich infrage. Ich verdeutliche das:

• Es geht darum, ob die Kräfte der Mitte im zukünftigen Parlament überhaupt noch in der Lage sein werden, eine Mehrheit gegenüber den Europa-Kritikern, Populisten von links und rechts und Skeptikern zu haben.
• Der italienische Innenminister wirbt in Polen gegen Europa und bestärkt die Gelbwesten in Frankreich.
• Der bevorstehende Brexit ist für viele die Idee eines Exits aus Europa, eines Exits aus der europäischen Idee. Der Brexit führt uns vor Augen, wie es ohne Europa wäre, und was passiert, wenn es in Europa keine Stabilität mehr gibt.
• Auch in Deutschland gibt es Kräfte, die offen mit einem Dexit spielen.

Wir erleben gerade eine Spaltung mitten durch den Kontinent:
Einen fiskalischen Bruch zwischen Nord und Süd
• und einen kulturellen Bruch zwischen Ost und West.

Bayern liegt im Herzen Europas und hat Europa im Herzen. Deswegen ist unser Bekenntnis zur europäischen Integration unverrückbar.

Wir überlassen Europa weder den anderen noch seinem Schicksal. Wir brauchen Europa – aber Europa braucht auch uns.

III. Europa als großer Auftrag für uns alle

Wir wollen ein starkes Europa. Nur gemeinsam können wir nachhaltige Antworten in einer sich schneller drehenden Welt geben.

Die Menschen müssen wissen: Wirtschaftliche Stärke, sichere Arbeitsplätze, die Bewältigung neuer Bedrohungslagen und der Einfluss in der Staatengemeinschaft können nur mit Europa verwirklicht werden.

Wir brauchen daher nicht mehr, aber ein besseres Europa: zur Sicherung von Frieden und Freiheit, unseres Wohlstandes und unserer Zukunftschancen.

  1. Wir wollen ein Europa der Vielfalt.

Unser Ziel sind lebendige Nationalstaaten und Regionen mit starker Identität. Zentralismus lehnen wir ab. Wir wollen daher mehr Zusammenarbeit der Regionen, wie dies Bayern schon seit Langem praktiziert.

Wir wollen die Vertretung der Regionen in Europa weiter stärken. Wir setzen uns deshalb für eine Aufwertung des Ausschusses der Regionen ein, den wir mit Kompetenzen zu einer selbständigen Kammer entwickeln wollen. Damit wollen wir den Regionen und ihren Belangen in Brüssel mehr Gewicht geben.

Denn Europa funktioniert nicht durch Umverteilung und Zentralisierung. Europa funktioniert nur, wenn jeder Verantwortung für sich übernimmt und alle gemeinsam für das Ganze.

  1. Wir wollen ein Europa der Ordnung.

Für uns ist klar: Regeln, vor allem Finanzregeln, müssen vollständig respektiert werden.

Wir brauchen einen funktionierenden Außengrenzschutz und eine geregelte Migration. Wir sind mit unserer bayerischen Migrations- und Asylpolitik auf dem richtigen Weg. Wir sorgen für die richtige Balance aus Humanität und Ordnung.

Klar ist aber auch: Migrationspolitik ist eine internationale Herausforderung. Damit viele Menschen sich gar nicht erst auf den gefährlichen Weg der Flucht machen, ist die Bekämpfung der Fluchtursachen vor Ort eine gemeinsame internationale Aufgabe. Daher wird die Staatsregierung einen besonderen Schwerpunkt in diesem Jahr auf die Entwicklungszusammenarbeit mit Afrika legen.

Auch Europa insgesamt investiert in eine nachhaltige Entwicklungspolitik und sorgt damit für Chancen auf dem afrikanischen Kontinent.

  1. Wir wollen klare Kompetenzabgrenzungen.

Zwischen der EU und den Mitgliedstaaten müssen die Kompetenzen klar abgegrenzt sein. Und das Subsidiaritätsprinzip muss gelten.

  1. Wir wollen ein Europa der Bürgernähe.

Die EU muss bürgernäher und transparenter werden. Die EU darf kein Eliten-Projekt sein. Wir wollen keine Belehrung oder Bevormundung der Bürger.

Und wir wollen die Jugend begeistern für Europa. Hierzu gehört der europäische Schüler- und Jugendaustausch und die Fremdsprachenausbildung. Wir wollen den Sprachenerwerb der Schüler fördern und dafür das Schüleraustauschprogramm ausbauen.

Fazit: Wir brauchen ein Europa, das sich auf seine Stärken besinnt – mit gemeinsamen Werten und Regeln.

Erlauben Sie mir auch ein Wort als Bayerischer Minister für Europaangelegenheiten in eigener Sache:

Bayern hat die Möglichkeit, mit Manfred Weber den nächsten Kommissionspräsidenten zu stellen. Das ist eine einzigartige Chance für den Freistaat.

IV. Es geht um Wertschätzung und Ehrlichkeit

Der Umgangston ist rauer geworden in den sozialen Medien, in der politischen Debatte und in den Parlamenten.

Wir erleben eine Veränderung der Diskussionskultur. Man entfernt sich von einem gemeinsamen Konsens, was Fakten betrifft.

Gerade in der europapolitischen Debatte zeigt sich unsere gemeinsame Aufgabe und Verantwortung:

Wenn wir den Menschen den Nutzen von Europa nahebringen wollen, müssen wir ehrlich und fair sein. Hier stehen alle gesellschaftlichen Kräfte und die Politik in der Pflicht, wenn es um Europa und das Wohl der Menschen geht.

V. Akademie als Mahner für verantwortungsbewusste und christliche Politik

Sehr geehrter Herr Landesbischof,

die Evangelische Kirche treibt seit vielen Jahren den Dialog voran. Gleichzeitig sind Sie alle Mahner für eine christlich orientierte Politik in Bayern, Deutschland und Europa. Hier in der Akademie ganz besonders.

Der heutige Abend ist eine große Chance für Dialog und Ratschläge, weil hier Teilnehmer aus allen Landesteilen zusammengekommen sind.

Sehr geehrte Damen und Herren,

Tutzing und seine Gäste sind Vorbilder für einen achtsamen Umgang mit unseren Werten und Traditionen. Sie alle stehen für den respektvollen Umgang und die sachliche Auseinandersetzung. Sie alle bauen Brücken.

Im Namen der Bayerischen Staatsregierung und ganz persönlich danke ich Ihnen dafür von Herzen.

Alles Gute und Gottes Segen für 2019!

Tags: , ,