Rückblick: “Kreislaufwirtschaft – Chancen für den Mittelstand”
Der Mittelstand ist ein entscheidender Wegbereiter für die nachhaltige Transformation unseres Wirtschaftssystems. Wie lassen sich zirkuläre und ökonomisch erfolgreiche Geschäftsmodelle in kleinen und mittleren Betrieben realisieren? Zu dieser Frage kamen Unternehmer:innen, Unternehmensberater:innen und Wissenschaftler:innen am 07. und 08. Juli 2025 in der Evangelischen Akademie Tutzing zusammen.
Simon Röckinghausen, Circular Economy Strategist bei Accenture, Co-Founder der School of Circularity und Tagungsteilnehmer, fasst seine Erkenntnisse zusammen:
“Der Mittelstand macht 99 Prozent der Unternehmen in Deutschland aus – und spielt damit eine zentrale Rolle in der nachhaltigen Transformation. Auch wenn die Kunden in unserem Unternehmen in der Regel größer sind, war es spannend, die Perspektive des Mittelstands einzunehmen.
Was mich an der Veranstaltung sehr begeisterte, war das persönliche Setting. In 1:1-Gesprächen konnte man sich mit Vorreitern der Kreislaufwirtschaft wie zum Beispiel Julian Kirchherr, Manuel Braun und Niclas-Alexander Mauss austauschen. Was ich mitnehme:
1. Die Schwerpunkte und Treiber der Kreislaufwirtschaft verändern sich über die Zeit, aber das Konzept überdauert.
Julian Kirchherr zeigte auf, wie sich die Definition der Kreislaufwirtschaft seit seiner ersten wissenschaftlichen Publikation im Jahr 2017 (Platz 2 der meistzitierten Arbeiten zur Kreislaufwirtschaft) bis zu ihrer Revision in 2023 verändert hat: Der Fokus hat sich von der Produkt- und Unternehmensebene hin zur Ökosystem- und (supra-)nationalen Ebene verschoben. Während heute ‘Resilienz’ einer der Haupttreiber für Kreislaufwirtschaft ist, wurde das Konzept in 2017 noch gar nicht erfasst. Die Kreislaufwirtschaft ist eines der am schnellsten wachsenden Forschungsfelder im Bereich Nachhaltigkeit.
2. Die Umsetzung der Kreislaufwirtschaft leidet an “Pilotitis” (Julian Kirchherr). Jetzt geht es um Skalierung.
In den letzten Jahren gab es viele kleine Pilotprojekte zur Kreislaufwirtschaft – aber nur wenige Beispiele für zirkuläre Lösungen im größeren Maßstab. Mögliche Wege, um über die Pilotphase hinauszukommen, beschreibt Manuel Braun in seinem Buch ‘The Circular Business Revolution’. Darin übersetzt er die R-Strategien (Methoden zur Reduzierung von Ressourcenverbrauch, Abfallvermeidung und Wiederverwendung von Materialien) in Business-Case-Rs und zeigt konkrete Transformationspfade ausgehend vom zirkulären Zielbild auf. Mit dem ‘Circular Business Model Strategy Game’ macht Circular Republic diese Ansätze noch zugänglicher.
3. ‘Der Preis ist das größte ökonomische Informationssystem, das wir haben.’ (Jan Lüken)
Da ich Informationssysteme studiert habe, hat mich dieser Satz direkt abgeholt: Digitale Technologien und Daten gelten als Enabler der Kreislaufwirtschaft, weil sie Informationen über den Zustand von Materialien und Produkten entlang der Wertschöpfungskette liefern. Wenn nun die Preise von Ressourcen ihren tatsächlichen Wert und die realen Kosten, also inklusive sozialer und ökologischer Externalitäten, widerspiegeln würden, hätten wir bereits viele Informationen, die uns aktuell noch fehlen. Kann der CO₂-Preis das leisten?”
Programm der Tagung “Kreislaufwirtschaft: Chancen für den Mittelstand” (7.-8. Juli 2025) hier nachlesen.
Bild: Gruppenbild mit Teilnehmenden der Tagung (Foto: eat archiv)