Dr. Kerstin Holme: “Provenienzforschung ist auch eine ethische Verpflichtung”

Die Leiterin des Provenienzforschungsprojekts “Schloss Tutzing” an der Evangelischen Akademie Tutzing schreibt in der Gastkolumne des aktuellen Newsletters der Akademie über das Wesen und die Aufgabe von Provenienzforschung. Die Disziplin sei “ein Auftrag zur kritischen Auseinandersetzung mit Geschichte” und ein Zeichen für Haltung.

In einer Zeit, in der historische Kontexte und die Herkunft von Kulturgütern zunehmend hinterfragt werden, nimmt die Provenienzforschung eine zentrale Rolle ein. In der aktuellen Gastkolumne des Akademie-Newsletters schreibt Dr. Kerstin Holme, Leiterin des Provenienzforschungsprojekts “Schloss Tutzing”, dass ihre Arbeit nicht nur in Archiven und Sammlungen stattfindet, sondern auch eine ethische Verpflichtung mit sich bringt – vor allem gegenüber der Geschichte und den Menschen, denen Unrecht widerfahren ist. Dabei geht Holme insbesondere auf das Thema NS-Raubgut ein, Kulturgut, das während der nationalsozialistischen Verfolgung entzogen wurde. Hier sei die Provenienzforschung ein wichtiger Schritt hin zu einer fairen Aufarbeitung und gerechten Lösungen mit Eigentümer:innen bzw. deren Erben.

In ihrem Artikel räumt die Historikerin und Kunstgeschichtlerin auch mit einem Missverständnis auf. “Provenienzforschung liefert selten eindeutige Antworten – sie ist kein Stempel, sondern ein Prozess: ein fortlaufender, dynamischer Erkenntnisweg, der mit jeder neuen Quelle neue Fragen aufwirft.”, so Holme. Diese müssten stets im Kontext von Geschichte und Verantwortung betrachtet werden. “Es geht nicht um das Anheften von Etiketten wie ‘unbelastet’ oder ‘belastet’, sondern um das Aufdecken der Geschichten hinter den Objekten”, heißt es weiter.

Das Projekt “Schloss Tutzing” der Evangelischen Akademie Tutzing, das vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste gefördert wird, zeigt exemplarisch, wie Provenienzforschung in die breite gesellschaftliche Diskussion integriert werden kann. “Provenienzforschung endet für uns nicht mit einem Bericht – sie ist kein Schlussstrich, sondern ein kontinuierlicher Reflexionsprozess. Ein Objekt ohne Kontext bleibt ein Fragment. Ein Bild ist nicht nur ein Bild – es ist auch ein Besitzverhältnis, eine Geschichte, eine Erinnerung.”

Herkunft zu erforschen bedeute nicht, “Vergangenes festzuschreiben, sondern es zu beleuchten – und für neue Fragen, Perspektiven und Bewertungen offen zu halten.” Dadurch werde Provenienzforschung zum Teil einer aktiven Erinnerungskultur und könne auch ein wichtiger Schritt hin zu mehr Verständigung und letztlich mehr Gerechtigkeit darstellen.

Den kompletten Beitrag lesen Sie in unserem Rotunde-Blog.

Der Artikel von Dr. Kerstin Holme ist zugleich Gastkolumne im Juli-Newsletter der Akademie. Zum monatlich erscheinenden Newsletter der Evangelischen Akademie Tutzing gelangen Sie hier.