Günther Beckstein zum 75. Geburtstag

Er war der 15. Leiter des Politischen Clubs der Evangelischen Akademie Tutzing und übte diese Funktion fünf Jahre lang aus, von 2011 bis 2016: Die Rede ist von Ministerpräsident a. D. Dr. Günther Beckstein, der am 23. November seinen 75. Geburtstag feierte. Von 2007 bis 2008 war er der erste evangelische Ministerpräsident des Freistaats Bayern. Dem Landtag gehört er von 1974 bis 2013 an, von 1993 bis 2007 übte er das Amt des bayerischen Innenministers aus. Er gehörte der Landessynode der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern an und war auch Vizepräses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).

Christsein und Politik – in diesem Spannungsverhältnis lebt Günther Beckstein bis heute. In unzähligen Vorträgen, aber auch in Büchern wie „Die Zehn Gebote. Anspruch und Herausforderung“, reflektiert der CSU-Politiker den Spagat, politisch in verantwortlichen Positionen zu handeln und zugleich seine Überzeugung als Christ zu leben. Sein Motto: „differenziert denken, eindeutig reden – und dann handeln“. Damit wird deutlich: Beckstein passt nicht in eine Schublade.

„Christ und Politik, das ist mein Leben“, bilanzierte er unlängst sein Leben. Er sei immer ein Grenzgänger zwischen Politik und Kirche gewesen und habe dieses Spannungsverhältnis bewusst gewollt. „Den Konflikt zwischen Gesinnungs- und Verantwortungsethik erlebt jeder Christ. In der Politik ist er zugespitzt.“ Gerade in seiner Zeit als bayerischer Innenminister musste er sich Kontroversen über Asylpolitik mit den Vertretern seiner Kirche stellen.

Muss die Kirche zu allem und jedem etwas sagen? Auf diese Frage antwortete Günther Beckstein anlässlich des Reformationsjubiläums: „Da rate ich zur Zurückhaltung. Kirchliche Stellungnahmen zu tagespolitischen Themen, sind nicht automatisch sachkundiger und damit auch unter ethischen Aspekten richtiger als die in der Regel von großen Stäben von Beamten geprägten politischen Entscheidungen. Ich zweifle daran, dass die Kirchen in großen schwierigen Fragen wie der Krise des Euro die besseren Lösungen haben als die große Zahl der damit beschäftigten Experten. Andererseits hat die Kirche den Auftrag, zu grundlegenden ethischen Fragestellungen begründet Stellung zu nehmen. Zum Auftrag der Kirche gehört für mich auch, sich als Anwalt der Schwachen zu Wort zu melden. Und: Die Kirche soll Menschen ermutigen zum Engagement in der Politik, soll sie in ihrem Einsatz für unser Land bestärken und begleiten.“

2011 nahm Beckstein die Berufung als Leiter des Politischen Clubs an. Nach seiner letzten Tagung 2016 sagte er in einem Interview: „Tutzing ist ein Ort des Diskurses, wo Themen kontrovers, aber immer im Sinne des Respektes auch vor anderen Meinungen erörtert werden. Und Grundsatz ist, die lutherische Freiheit, dass jeder seinem Gewissen und seiner Überzeugung Ausdruck geben kann.“

Der über die Parteigrenzen hinweg geschätzte Beckstein sah im Politischen Club einen Ort, an dem ausführlich und ohne Tabus zu wichtigen Fragen der Politik Stellung genommen werden konnte. „Was wir in Tutzing bieten konnten, waren nicht große Honorare, sondern ein Klima des Respekts gegenüber allen Meinungen“, so Beckstein. „Die Überzeugung, dass Meinung und Gegenmeinung, Argument und Gegenargument in der Demokratie unabdingbar sind, kann im Politischen Club viel konsequenter, als im politischen Alltag umgesetzt werden.“

Die Evangelische Akademie Tutzing gratuliert Günther Beckstein zum 75. Geburtstag.

Udo Hahn, Akademiedirektor

Bild: Günther Beckstein während der Sommertagung des Politischen Clubs 2016. (Foto: Haist/eat archiv)

Tags: ,