Wolfgang Thierse beklagt beängstigende Verschlechterung der Debattenkultur

Im Internet trifft man immer häufiger auf Beiträge verschiedener Zeitgenossen, bei denen es nur noch um die Bestätigung der eigenen Meinung geht. Andere Meinungen zuzulassen, sich mit der Meinung eines anderen Menschen ernsthaft diskursiv auseinanderzusetzen – das alles kommt im weltweiten Netz offenbar zu kurz. Das Resultat: Die Debattenkultur, wichtiges Merkmal einer funktionierenden Demokratie, verschlechtert sich im weltweiten Netz dramatisch.

In seiner Gastkolumne für den am 28. Oktober 2016 erscheinenden Newsletter der Evangelischen Akademie Tutzing legt der frühere Bundestagspräsident Dr. h.c. Wolfgang Thierse anschaulich dar, dass im Internet ein Kommunikationsklima anzutreffen sei, „das durch eine Verrohung der politischen Auseinandersetzung … gekennzeichnet ist.“ Nach Einschätzung des SPD-Politikers dient das Internet vielen Usern nur noch „als bloßer Echoraum, als Verstärker, als Pauke des Populismus.“ Für Thierse ist das weltweite Netz nichts anderes als ein „unbegrenzter Stammtisch, an dem man seiner Wut und seinem Hass freien Lauf lassen kann.“

Eine liberale Demokratie hingegen ist angewiesen auf Diskursivität. Sie braucht den argumentativen Streit. Sie muss eingehen auf die Meinung des anderen, und sie muss Kompromissbereitschaft zeigen. Für den ehemaligen Bundestagspräsidenten steht fest, dass zur Verteidigung unserer liberalen Demokratie die Verteidigung und Gestaltung von Räumen, Orten und Institutionen der Diskursivität gehören. Hierzu zählt Wolfgang Thierse, der in der Nachfolge von Ministerpräsident a.D. Dr. Günther Beckstein jetzt den Politischen Club an der Evangelischen Akademie Tutzing leitet, seriöse Zeitungen, pluralistische Massenmedien und eben auch die katholischen und evangelischen Akademien.

Wenn wir nicht mehr bereit sind, den anderen zuzuhören, deren Meinung zu respektieren, deren Argumente zu würdigen und nach Gemeinsamkeiten zu suchen – so schlussfolgert Wolfgang Thierse – dann gewinnen die anderen, „die Populisten, Fundamentalisten und Extremisten.“

Den vollständigen Text der Gastkolumne von Dr. h.c. Wolfgang Thierse erhalten Sie -> hier.

Foto: Akademiedirektor Udo Hahn (re.) stellte im Münchner PresseClub Dr. h.c. Wolfgang Thierse als neuen Leiter des Politischen Clubs an der Evangelischen Akademie Tutzing vor. (c) Schwanebeck

Tags: