Jahresempfang: Bundespräsident Joachim Gauck hielt Festrede

Die Bedeutung der Medien und Appelle für einen sachlichen Dialog in der Gesellschaft bestimmten den traditionellen Jahresempfang der Evangelischen Akademie Tutzing am gestrigen Donnerstagabend. Wie Bundespräsident Joachim Gauck in seinem Festvortrag hervorhob, leben die Demokratie und eine offene Gesellschaft von dem kontroversen Gespräch. Die zunehmende innenpolitische Polarisierung führe zu einer “Verrohung von Sprache” und der “Erosion von Diskussionskultur”. Damit gehe auch eine zunehmende Fragmentierung des gesellschaftlichen Diskurses einher.

Der Qualitätsjournalismus ist Gauck zufolge wichtiger denn je in einer schnelllebigen Zeit. Es habe zwar auch bei diesen Medien Fehlentwicklungen und Versäumnisse gegeben, die eine selbstkritische Debatte innerhalb der Medien erzeugt hätten. Daraus aber abzuleiten, die traditionellen Medien seien eine “Lügenpresse”, sei eine “groteske Überzeichnung” und selbst schon politische Propaganda, sagte Gauck.

In den gegenwärtigen Verwerfungen sieht Gauck aber auch eine Chance: “Denn wir sind gezwungen, uns aufs Neue bewusstzumachen, was wir an unserer Demokratie haben”. Einmal mehr könne die Demokratie ihre Stärke, ihre Lernfähigkeit und ihre Anpassungskraft unter Beweis stellen.

Der bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm zeigte sich besorgt über ein wachsendes “Klima von Abwertung und Diffamierung”. Ein solches Klima habe viele Menschen im US-amerikanischen Wahlkampf befremdet und drohe sich nun auch hierzulande auszubreiten. “Die Kübel von Hass und Verächtlichkeit, die täglich in den Internetforen ausgeschüttet werden, sind so unübersehbar geworden, dass auch ein bloßes Wegklicken nicht mehr reicht”, kritisierte der evangelische Theologe. Inzwischen sieht Bedford-Strohm die Diskurskultur in Deutschland in Gefahr: “Ja, diese einzigartige Diskussionskultur, die uns so gut getan hat, die unser Land stark gemacht hat und auch liebenswert gemacht hat, ist gefährdet.”

Weiter zeigte sich Bedford-Strohm besorgt darüber, dass sich viele Menschen nicht mehr trauten, in einem angeblichen Klima der Political Correctness ihre Meinung zu sagen. Er könne die Menschen nur dazu ermutigen, “diese Angst zu überwinden und frei ihre Meinung zu äußern”. Es brauche eine Atmosphäre der Angstfreiheit in diesen Debatten, forderte der bayerische Landesbischof.

An die Gründung der Akademie vor 70 Jahren erinnerte der bayerische Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) in seinem Grußwort. Die Akademie sei in christlicher Verantwortung ein Ort der Achtung und Toleranz sowie der kritischen Auseinandersetzung mit aktuellen Herausforderungen. Neben Wissen vermittele die Akademie Haltungen, die unverzichtbar für eine humane Gesellschaft seien.

Wie Akademiedirektor Udo Hahn in seiner Begrüßung sagte, sei die Akademie Tutzing in all diesen Jahren zu einer Institution und Marke mit bundesweiter Ausstrahlung geworden. Die Akademie habe den unverwechselbaren Auftrag, aus christlicher Sicht Themen der Gestaltung von Welt und Gesellschaft aufzugreifen. Dazu gehöre auch die Aufgabe, dass die Akademie künftig ein Begegnungs- und Kompetenzzentrum für die digitale Welt werde. Bundespräsident Gauck bezeichnete die kirchlichen Akademien als Arenen, in denen viele Debatten ausgefochten wurden, die die Republik vorangebracht hätten. (epd lbm as /20.01.2017)

Die Begrüßungsansprache von Akademiedirektor Udo Hahn erhalten Sie -> hier.
Das Grußwort für die Bayerische Staatsregierung von Staatsminister Dr. Ludwig Spaenle erhalten Sie -> hier.
Das Grußwort für die Evang.-Luth. Kirche in Bayern von Landesbischof Prof. Dr. Heinrich Bedford-Strohm
erhalten Sie -> hier.
Die Festrede von Bundespräsident Dr. h.c. Joachim Gauck erhalten Sie -> hier.
Einen Filmbeitrag von Axel Mölkner-Kappl, bild-schön medienproduktion, erhalten Sie -> hier.
Einen TV-Beitrag von Alf Meier und Marc Seibold für das BR Rundschau-Magazin vom 19.1.2017, 21.45 Uhr, erhalten Sie -> hier.
Den Beitrag vom Starnberger Merkur “Besuch in Tutzing: Gauck adelt die Evangelische Akademie” erhalten Sie -> hier.
Einen Beitrag von Gerhard Fischer, Süddeutsche Zeitung, zu dem Thema “Kluge und Bekloppte: Joachim Gauck in Tutzing” lesen Sie -> hier.
Einen Artikel von Manuela Warkocz, SZ-Starnberg, zu dem Thema “Bundespräsident in Tutzing. Stätte des freien Diskurses” lesen Sie -> hier.
Einen Artikel der Süddeutschen Zeitung zu dem Thema “Besuch in Tutzing. Gauck warnt vor Google-Halbwissen” finden Sie -> hier.

Der Jahresempfang der Evangelischen Akademie Tutzing wird von ARD-alpha gesendet am Samstag, den 25.02.2017, um 22.30 Uhr in der Sendereihe “denkzeit”.

Foto rechts: Haist

Begrüßung im Foyer: Staatsminister Dr. Ludwig Spaenle, Landesbischof Prof. Dr. Heinrich Bedford-Strohm, Bundespräsident Joachim Gauck, Daniela Schadt, Akademiedirektor Udo Hahn, Sabine Rüdiger-Hahn und Prof. Dr. Carsten Reinemann (v.l.)

Foto: Haist

In der ersten Reihe: Bundespräsident Joachim Gauck (li.) und Akademiedirektor Udo Hahn.

Foto: Haist

Die abschließende Diskussionsrunde, die von dem Kommunikationswissenschaftler Professor Carsten Reinemann (li.), Moderator Udo Hahn und Bundespräsident Joachim Gauck bestritten wurde, widmete sich der Funktion der Medien in unserer Gesellschaft und den Herausforderungen durch eine zunehmende Digitalisierung aller Lebensbereiche.

Foto: Haist

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