Die Welt in 100 Jahren – ein Gedankenexperiment von Harald Lesch

Was wird uns erwarten in der Welt von morgen? Die Herausforderungen, vor denen die Menschheit steht, sind gewaltig: Kriege, Hungersnöte, Flüchtlingsströme, Überbevölkerung, Energieverknappung und Umweltkatastrophen. Gibt es einen Ausweg aus den globalen Krisen? Und wenn ja, wie könnte der aussehen?

In seiner Gastkolumne für den am 18. März 2016 erscheinenden Newsletter der Evangelischen Akademie Tutzing wagt der Physiker und bekannte Fernsehmoderator Professor Harald Lesch ein Gedankenexperiment, in dem er ein Szenario der Welt in 100 Jahren entwirft. Danach müssen wir uns einstellen auf Wasserkriege im Nahen Osten, ein explodierendes Bevölkerungswachstum in Afrika, große Flüchtlingsströme, Energieknappheit und zunehmende Umweltkatastrophen weltweit, verbunden mit einem globalen Klimawandel.

„Wir müssen dringend umdenken“, fordert der Physikprofessor und empfiehlt zur Energieversorgung den „Ausbau regenerativer Energiequellen und die Investition in neue Netze“. Als wichtiges Beispiel führt Lesch Nordafrika an: „Wir müssen es schaffen, in Nordafrika ein großes Netz mit Windrädern und Solarthermie-Kraftwerken zu errichten, damit die Menschen dort vor Ort Energie zur Verfügung haben, um ihren lokalen Wohlstand zu generieren.“ Für Europa und die westlichen Industrienationen könnte die Lösung der Energieprobleme in der Kernfusion liegen, sobald sie technologisch beherrschbar sei, erklärt Lesch.

Für äußerst brisant hält der Physiker den Klimawandel und die mit ihm einhergehenden Umweltkatastrophen. „Wenn 2 Grad Temperaturanstieg überschritten werden, dann müssen die Spanier und die Portugiesen sich eine neue Heimat suchen“, erklärt er und fügt hinzu, dass auch die Griechen und die Italiener südlich von Rom von dieser Entwicklung betroffen seien. Sein nüchternes Fazit: „Es wird so heiß am Mittelmeer sein, dass da kein Mensch mehr leben will.“

Die Summe dieser globalen Entwicklungen – Kriege, Hungersnöte, Bevölkerungsexplosion, Umweltzerstörung – wird zu einem enormen Anschwellen der Flüchtlingsströme führen. Harald Lesch sieht hierin die große Herausforderung, vor der Europa schon jetzt steht und die es in naher Zukunft zu meistern gilt. Allerdings bleibt Lesch skeptisch, wenn er diagnostiziert: „In 50 Jahren erleben wir eine völlig andere Welt als heute. Wie Europa das alles bewältigen will, bleibt mir bislang unklar.“

Doch bei aller verhaltenen Skepsis sieht Lesch auch denkbare Lösungsansätze, um das Dilemma zumindest abzumildern. Dazu gehört ein neues Wirtschaftsmodell, das sich von dem Kapitalismus westlicher Prägung verabschiedet und für eine generelle Umverteilung aller finanziellen Mittel nach dem „Prinzip der kommunizierenden Röhren“ plädiert. „In der Umverteilung läge die Chance, zeigen zu können, wie Menschen miteinander leben können“, so Lesch.

Zusammenfassend sieht der Wissenschaftler und Journalist Harald Lesch nur eine Möglichkeit für das Überleben der Menschheit: „Sich gegenseitig unter die Arme zu greifen, das wäre eine wesentlich bessere Aussicht in 100 Jahren. Wünschenswert wäre somit eine Gesellschaft, die anerkennt, dass es etwas Absolutes gibt, über das man nicht mehr verhandeln kann, die anerkennt, dass es Prinzipien gibt, über die man nicht diskutieren oder abstimmen kann.“

Die vollständige Gastkolumne von Prof. Dr. Harald Lesch erhalten Sie -> hier als pdf-Datei.

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